Der größte Sender im ARD-Verbund musste sich letztes Jahr offenbar mit mehreren Vorwürfen sexueller Belästigung gegen einen langjährigen Auslandskorrespondenten befassen. Wie das Magazin Stern und das Recherchezentrum Correctiv berichten, habe der Reporter 2012 eine Praktikantin, die er "Hasi" genannt haben soll, während einer Dienstreise in sein Hotelzimmer eingeladen, ihr Champagner gereicht und auf seinem Laptop Pornofilme gezeigt. Die damals 22-Jährige soll daraufhin sein Zimmer verlassen haben. Erst Ende 2016 soll sie sich wegen des Vorfalls bei der WDR-Chefredakteurin Sonia Mikich gemeldet haben.
Auch eine andere Kollegin, sogar eine feste Mitarbeiterin des Senders, habe sich laut Stern und Correctiv über das Verhalten desselben WDR-Korrespondenten beschwert. Ihr soll der Mann per E-Mail sexuelle Avancen gemacht haben. So soll er – sich selbst in der Korrespondenz als "Alphatier" bezeichnend – ihr unter anderem erklärt haben, er bekomme immer, was er wolle.
Vermerk in der Personalakte und keine Leitung eines Auslandsstudios mehr für den WDR-Redakteur
Im Sender befasste sich laut Bericht die WDR-Chefredakteurin Sonia Mikich selbst mit den Vorwürfen. Die Untersuchung wurde Anfang 2017 eingeleitet, Mikich soll den Korrespondenten und die betroffenen Frauen befragt haben. Der Journalist, dessen Name aus rechtlichen Gründen nicht genannt wird, wollte sich gegenüber Stern und Correctiv nicht äußern. Während der Untersuchung, die offenbar bis Sommer 2017 beendet war, habe er letztlich die sexuelle Belästigung eingeräumt und bereut. Laut Bericht beschränkten sich die Konsequenzen seines Verhaltens auf einen Vermerk in seiner Personalakte. Zudem dürfe er kein Auslandsstudio mehr leiten. Eine Abmahnung soll er aber nicht erhalten haben.
Die betroffene EX-Praktikantin zeigte sich enttäuscht über fehlende Konsequenzen
Der WDR wollte sich nach Angaben von Stern und Correctiv zu dem konkreten Fall nicht äußern. Der Sender teilte nur mit, dass in den vergangenen zehn Jahren sieben Fälle sexueller Belästigung aktenkundig geworden seien. Eine Sprecherin erklärte zudem, man habe diese konsequent verfolgt, "mit dem Maximum an rechtlichen und disziplinarischen Möglichkeiten".
Die ehemalige Praktikantin zeigte sich laut Bericht enttäuscht. Die WDR-Chefredakteurin habe ihr geschrieben, dass der Sender sexuelle Belästigung nicht toleriere. "Aber was war die Konsequenz für diesen Typen, der mich immer noch anschaut im Fernsehen? Ein paar Gespräche und ein Eintrag in seiner Personalakte", wird sie von Stern und Correctiv zitiert.
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