"Rechte" Verlage gegen "linke" Gesinnungsprüfer – die Leipziger Buchmesse und die Meinungsfreiheit

Statt eine Debatte über Literatur auszulösen, hat die kommende Leipziger Buchmesse die Rechts-Links-Hysterie befeuert und Erinnerungen an die Tumulte der Messe in Frankfurt geweckt. An diesem Mittwochabend wird das Literatur-Fest eröffnet, begleitet von Protesten.

Wenn an diesem Mittwochabend die Leipziger Buchmesse eröffnet wird, dann wird das weniger den Literaturbetrieb und das Gastland Rumänien in den Fokus rücken, als eine hysterische Debatte um "rechte" Verlage, "linke" Gesinnungsprüfer und eine von beiden Seiten bedroht gesehene Meinungsfreiheit anheizen. Denn auch wenn sich die rechts-konservative Zeitung Junge Freiheitunter Protest von der Messe zurückgezogen hat, so sind einige teilnehmende Verlage, darunter Antaios und Compact, umso mehr Anlass und Ziel von "linker" Mobilisierung im Vorfeld der Messe.

Erinnerungen an die letzte Buchmesse in Frankfurt am Main werden wach: Damals ging der Versuch "linker" Demonstranten, die Buchmesse vor "rechtem" Gedankengut zu "schützen", dramatisch nach hinten los. Denn die (pseudo-)politische Auseinandersetzung endete in Tumulten – und die "rechten" Verlage Antaios und Compact, deren Anwesenheit manche Menschen provoziert hatte, konnten sich nicht nur als Opfer von "linker" Zensur darstellen. Zudem erhielten sie in zahllosen Artikeln, Sendungen, Tweets, Blogs und Pamphleten kostenlose Werbung und konnten ihre Namen  bundesweit bekannter machen. Gleichzeitig halfen die sich fälschlicherweise "links" nennenden Gedankenpolizisten dabei, den Begriff "links" bei der Bevölkerung weiter zu diskreditieren.

"Rechts" wird benachteiligt 

Die Leitung der Buchmesse hat die Zulassung "rechter" Verlage verteidigt. "Wenn ein Verlag nicht gegen das Grundgesetz verstößt, kann ihm die Teilnahme auf der Buchmesse nicht verwehrt werden", wiederholt der Geschäftsführer der Leipziger Messe, Martin Buhl-Wagner, am Mittwoch eine Selbstverständlichkeit. Man müsse auch schmerzhafte Diskussionen zulassen, auch wenn diese "nur Provokationen" seien. 

Doch ganz so gleichberechtigt, wie der Messe-Chef den Umgang mit den 'Rechten' beschreibt, ist er nicht. Denn die betreffenden Verlage sollen räumlich konzentriert werden, sie werden also buchstäblich in "die rechte Ecke gestellt". Das ist schon ein erstaunlicher Vorgang, denn irgendjemand musste für diese Zuteilung eine politische Prüfung der Teilnehmer vornehmen und basierend auf dieser Prüfung eine Ungleichbehandlung vollziehen. Und das in einer zu strikter Neutralität verpflichteten Institution.

Antaios-Chef Götz Kubitschek fühlt sich durch die Platzierung diskriminiert, da sich in unmittelbarer Nachbarschaft etwa der Stand der NPD-Stiftung "Europa Terra Nostra" befinde, wie die Mitteldeutsche Zeitungberichtet. Auch wegen dieser Ungleichbehandlung hat die Zeitung Junge Freiheit kurzfristig ihre Messe-Teilnahme abgesagt: Sie wollte nicht in einem "rechtsextremen Block" vertreten sein. Das sei "rufschädigend", wie das Medium erklärte. Die Junge Freiheit wirft Messe-Direktor Oliver Zille zudem vor, "mit der von linksradikalen Verlagen initiierten Aktion #verlagegegenrechts zu kooperieren". Das würde dem Neutralitätsgebot widersprechen, das sich aus der öffentlichen Förderung der Messe ergebe. Und tatsächlich wollen mehrere Initiativen, darunter  #verlagegegenrechts, bereits am Mittwochabend vor der offiziellen Eröffnung gegen den Auftritt "rechter" Verlage demonstrieren.

"Linke" Zensurversuche stärken die "Rechten"

Die Buchmesse wird mit einem Festakt im Gewandhaus eröffnet. Dabei wird der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung an die norwegische Autorin Åsne Seierstad verliehen. Die Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert. Insgesamt präsentieren sich auf der Messe rund 2.600 Aussteller, so viele wie noch nie zuvor. 3.600 Veranstaltungen stehen zudem auf dem Programm des parallel laufenden Lesefestes "Leipzig liest". Schwerpunktland der Messe ist Rumänien.

Die Zeitung taz befindet sich in einem Dilemma: Zwar hat sie Sympathien für die Zensurbestrebungen gegen "rechts", doch auch ihr dämmert so langsam, dass diese Strategie nach hinten losgehen muss, weil sie den "Gegnern" unverhoffte Werbemöglichkeiten in die Hand gibt. So zählt die Zeitung die Preisträger der Messe in Frankfurt auf, stellt dann aber fest:

Doch es waren andere Namen, die den Blick auf diese Veranstaltungen prägten: vor allem Jürgen Elsässer, Chefredakteur der Monatszeitschrift Compact, und Götz Kubitschek, Geschäftsführer des Antaios-Verlags.

Die Zeitung neues deutschlandbefürchtet nun wahrscheinlich zu Recht, dass es bei dieser Buchmesse wie bereits in Frankfurt mehr um politische Überzeugungen gehen wird als um Literatur. "Rechte" würden voraussichtlich Provokationen einsetzen, um den linksliberalen Mainstream einem "raffinierten Test" zu unterziehen:

Wie wichtig ist ihm jener Wert der Meinungsfreiheit, für dessen Abschaffungsgelüste er die Rechten so gern kritisiert?

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