Es hatte sich in den letzten Tagen angekündigt: Der Partei- und Fraktionschef der AfD in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, tritt von seinen Ämtern zurück.
Den Rücktritt habe Poggenburg gegenüber der Landtagsfraktion in der vergangenen Woche angekündigt, teilte die AfD-Fraktion am Donnerstag in Magdeburg mit. In einer geheimen Vertrauensabstimmung der Fraktion am 27. Februar habe der 42-Jährige nur drei Stimmen von Unterstützern erhalten.
17 Abgeordnete stimmten demnach gegen ihn, zwei enthielten sich. Poggenburg habe daraufhin angekündigt, spätestens am kommenden Montag zurückzutreten. Über den Vertrauensentzug hatten zuerst NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung berichtet.
Wie die dpa weiter erfuhr, waren unter anderem Rückmeldungen aus den Kreisverbänden nach Poggenburgs umstrittener Rede beim Politischen Aschermittwoch in Sachsen Anlass für die Aussprache und den anschließenden Entzug des Vertrauens. Dort hatte er in Deutschland lebende Türken als "Kümmelhändler" und "Kameltreiber" verunglimpft, die in Deutschland "nichts zu suchen und nichts zu melden" hätten.
Die Aussagen waren eine Reaktion auf vorherige Äußerungen des Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland e.V., Gökay Sofuoglu, der die Einrichtung eines "Heimatministeriums" auf Bundesebene mit dem Hinweis auf die "deutsche Vergangenheit" kritisiert hatte. Poggenburg, der für seine Äußerungen vom Bundesvorstand der AfD abgemahnt wurde, hatte später erklärt, keine pauschale Herabwürdigung türkischstämmiger Deutscher beabsichtigt zu haben.
Kritik an Aschermittwochsrede und straffem Führungsstil
Die Rede brachte ihm neben bundesweiter Empörung auch parteiinterne Kritik ein. Die Kreisverbände meldeten vermehrt Austritte und den Rückzug von Mitgliedsanträgen. Poggenburg, der auch den nach einer relativen Ruhephase wieder zerstrittenen sachsen-anhaltischen Landesverband führt, steht intern auch schon länger wegen seines Führungsstils in der Kritik.
Wie Medien bereits unter Berufung auf Teilnehmer einer Sitzung von Ende Februar berichteten, habe man Poggenburg gebeten, den Fraktionsvorsitz niederzulegen und ihm auch empfohlen, als Parteichef in Sachsen-Anhalt zurückzutreten. Zu sehr fürchtete man sich, "durch sein Verhalten weiter in die ganz rechte Ecke gestellt zu werden", wie der Rechercheverbund einen AfD-Abgeordneten zitierte.
Niederlage auf Bundesparteitag als Wendepunkt
Drei AfD-Abgeordnete hatten die einst 25-köpfige Fraktion im Magdeburger Landtag bereits verlassen. Poggenburgs Arbeitsweise sorge für Kritik, hieß es aus der Fraktion. Ihm fehle die Fähigkeit zur Selbstkritik und guten Führung.
Auf der anderen Seite hatte es Poggenburg geschafft, als Spitzenkandidat 2016 das bisherige Rekordergebnis für die AfD bei Landtagswahlen in Höhe von 24,3 Prozent einzufahren und einen Landesverband, der zuvor von erbitterten Flügelkämpfen und einer hohen Fluktuation in der Führungsetage gekennzeichnet war, zumindest phasenweise wieder zu stabilisieren.
Auch bewerkstelligte es die Landtagsfraktion unter seiner Führung, mehrfach CDU-Abgeordnete in Sachfragen zum Ausscheren aus der Fraktionsdisziplin zu bewegen, so etwa im Fall der Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Linksextremismus im Land, der Poggenburg auch vorsitzen soll.
Ein Wendepunkt in der Karriere Poggenburgs dürfte es gewesen sein, dass er bei der Wahl zum stellvertretenden Bundessprecher auf dem Parteitag im Dezember in Hannover unerwartet deutlich gegen seinen Gegenkandidaten MdB Albrecht Glaser verloren hatte. Dies dürfte auch seiner Autorität im eigenen Landesverband geschadet haben.
(dpa/rt deutsch)