Nicht verkaufte, aber noch zum Verzehr taugliche Lebensmittel, die sonst vernichtet würden, gehen an eine von insgesamt 930 deutschen Tafeln und gelangen so an Hilfsbedürftige. Als hilfsbedürftig gilt, wer Hartz IV, eine Grundsicherung oder Wohngeld erhält.
Der Grund für die Entscheidung, nur noch an Menschen mit deutschem Pass auszuteilen, sei, so Jörg Sator, Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins in Essen, dass sich Frauen und Alleinerziehende beschwerten, schlecht behandelt worden zu sein. Sie hätten hinten anstehen müssen und wurden weggedrängt:
Wenn wir morgens die Tür aufgeschlossen haben, gab es Geschubse und Gedrängel ohne Rücksicht auf die Oma in der Schlange.
Die offizielle Erklärung der Essener Tafel:
Da aufgrund der Flüchtlingszunahme in den letzten Jahren der Anteil ausländischer Mitbürger bei unseren Kunden auf 75 Prozent angestiegen ist, sehen wir uns gezwungen, um eine vernünftige Integration zu gewährleisten, zurzeit nur Kunden mit deutschem Personalausweis aufzunehmen.
Der Zustrom auf die Tafeln begann, nachdem die Flüchtlinge ihre Anerkennung erhalten hätten und nicht mehr in städtischen Unterkünften bleiben durften. Das Kontingent der Essener Tafel beträgt 1.800 Kundenkarten für Alleinstehende oder Familien. Sartor gab an, dass 61 Prozent der Kunden keinen deutschen Pass besitzen. Da die meisten ausländischen Familien mehr Kinder haben, entspricht der Anteil der Ausländer 75 Prozent. Vor 2015 machte er 35 Prozent aus. Im gesamten Bundesgebiet liegt der Anteil derzeit bei rund 60 Prozent.
In Bochum wurde das Problem dadurch gelöst, dass Helfer mit Arabischkenntnissen bei der Lebensmittelausgabe mithelfen. Rentner, bei denen die Altersversorgung zum Leben nicht ausreicht, haben bei der Austeilung den Vortritt. Nicht alle haben Verständnis für die Maßnahme der Essener Tafel. In Oberhausen und Gelsenkirchen beispielsweise müsse ein Bedürftigkeitsnachweis erbracht werden, aber nach der Staatsangehörigkeit werde nicht gefragt.
Die Vorsitzende der Kölner Tafel, Karin Führhaupter, sagte der Rheinischen Post:
Es widerspricht den Grundsätzen unserer Organisation, die Essensvergabe an eine Staatsangehörigkeit zu koppeln.
Gegenüber der WAZ sagte Sartor:
Wir wollen, dass auch die deutsche Oma zu uns kommt.
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