Twitter übt sich am Netzwerkdurchsetzungsgesetz – Beispiele gesperrter Tweets fern des Hasses

NetzDG soll den Hass aus dem Netz verbannen. Beispiele von gesperrten Tweets aber zeigen auf, dass die Umsetzung des neuen Gesetzes ihr Ziel verfehlt. Facebook-Chefin Sheryl Sandberg kündigte an, ihr Unternehmen stelle 10.000 neue Mitarbeiter ein, die sich gegen den Hass einsetzen.

Seit dem 1. Januar 2018 müssen Online-Plattformen mit mehr als zwei Millionen Nutzern binnen 24 Stunden über Inhalte, die laut des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) strafbar sind, urteilen. Bei Inhalten, die nicht eindeutig als Hetze im Netz erkennbar sind, bleibt den Betreibern eine Woche Zeit, um Strafen bis zu 50 Millionen Euro zu umgehen. In der ersten Januarwoche schlug das NetzDG bei einem Tweet der AfD-Poitikerin Beatrix von Storch zu. Anschließend wurde ein ähnlicher Kommentar der Satire-Zeitschrift Titanic gesperrt. Diese Löschung führte zur Empörung in der deutschen Politik aus den Reihen der FPD, der Linken und der Grünen. 

Der Kommunikations- und Politikchef von Facebook, Elliot Schrage, äußerte sich auf der Innovationskonferenz DLD in München zum NetzDG kritisch: 

Das Gesetz macht uns zu Richtern, Geschworenen und Vollstreckern, und ich denke, das ist eine schlechte Idee. 

Beispiele gesperrter Tweets im Sinne von NetzDG:

Der deutsche Fernsehmoderator, Autor und Schauspieler Niels Ruf teilte auf Twitter ein Zitat: 

Wie?, fragte ein Syrer, Will Deutschland uns etwa zwingen, die Juden nicht zu hassen? 

Dieses stammte aus einem FAZ-Artikel, verfasst von einer jüdischen Autorin. Twitter entschied, der Tweet verstoße gegen "lokales deutsches Recht" und sperrte diesen. 

Die Zensur traf auch einen Tweet der Grünen Jugend. Dieser widmete sich der Solidarität mit den Kurden in Nordsyrien. 

Auch RT Deutsch machte Bekanntschaft mit dem NetzDG. Der Artikel: "USA: Ab heute dürfen Transgender der Armee beitreten" wurde nach der Veröffentlichung auf Facebook gelöscht. Im Fach-Jargon wird von "Overblocking" gesprochen, wenn Netzwerke zu sehr eingreifen und die Meinungsfreiheit und auch das Urteilsvermögen der Nutzer der sozialen Medien beschneiden. Kritiker sehen dabei eine Entmündigung der Bundesbürger, wenn ihnen die Möglichkeit verwehrt bleibt, sich selbst eine Meinung bilden zu können. 

Expertengespräch zum NetzDG: „Wir haben schon klare Regeln“ [Echokammer 4.1]: 

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