Merz’ Kriegsagitation im ZDF – "Wir würden russische Übergriffe und Angriffe erwidern"

Nach den ereignisreichen Tagen im Regierungsviertel ermöglichte die ZDF-Redaktion dem Bundeskanzler im Rahmen der Sendereihe "Was nun?" den Zuschauern seine Wahrnehmungen zu vermitteln. "Merz mit Hammer-Satz", titelt die Bild. Der Kanzler sprach dabei von möglichen Szenarien in der anvisierten "entmilitarisierten Zone".

Einen Tag nach "dem bemerkenswerten Ukraine-Gipfel in Berlin", so N-tv kommentierend, erhielt Bundeskanzler Friedrich Merz vom ZDF die Chance, den Zuschauern seine jüngsten Wahrnehmungen zum Themenkomplex Ukraine zu vermitteln. So informierte die ZDF-Redaktion vorab auf der Webseite über den Wunsch, erfahren zu wollen, "wie tragfähig die Ergebnisse nach den Ukraine-Gesprächen in Berlin" wären und ob "die USA und Europa noch zusammenstehen". Gesellschaftspolitischen "Hoffnungen, dass es zu einer schnellen Waffenruhe kommen könnte", so die Bild zusammenfassend, erteilte der Kanzler "eine klare Absage".

Bundeskanzler Friedrich Merz äußerte sich am Dienstagabend im ZDF über die Ergebnisse der jüngsten Ukraine-Beratungen im Kanzleramt und den möglichen Einsatz deutscher Truppen in der Ukraine, ausgehend von der gemeinsamen europäischen Erklärung durch die anwesenden Akteure. Für Merz sei nach den ersten "skeptischen" Reaktionen aus Moskau dabei klar geworden, dass ein Frieden in der Ukraine weiterhin nicht absehbar sei. So erklärt er den Zuschauern:

"Sie haben es an der Reaktion von Russland gesehen: Es wird noch kein Ende dieses Krieges bedeuten. Wir müssen gemeinsam weitergehen, wir müssen gemeinsam weiter die Ukraine unterstützen und wir müssen gemeinsam weiter Russland sagen: 'Hört diesen Krieg auf'."

Zur Kritik der Moderatorin, dass "man sich im Kreis bewegt", die Berlin-Ergebnisse nun keine neuen Entwicklungen mit sich bringen würden, führte Merz aus:

"Wir sind gestern doch einen deutlichen Schritt weitergekommen, und zwar im Hinblick auf die Bereitschaft der Amerikaner, mit den Europäern zusammen nach einem Waffenstillstand Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu geben. Das ist neu."

Dabei habe man im abendlichen Telefonat mit dem US-Präsidenten "sogar über Artikel-5-ähnliche Sicherheitsgarantien gesprochen", dies bezogen auf den sogenannten "Nordatlantikvertrag", der Vertrag über die NATO, in dem in Artikel 5 "der Bündnisfall als bewaffneter Angriff mit der Reaktion der gemeinsamen Ausübung des in Artikel 51 der Satzung der UN anerkannten Rechts der Selbstverteidigung bezeichnet" wird. Merz führt weiter aus:

"Und so etwas auszusprechen und zu verabreden, auch schriftlich miteinander zu verabreden, das haben wir gestern erreicht, und das ist in der Tat neu."

Die ZDF-Moderatorin Anne Gellinek bezeichnete dabei "Artikel 5-Zusagen" als "Platin-Garantien" für die Ukraine. Laut Merz hätte die Gespräche eindeutig manifestiert, dass "wir Europäer und die Amerikaner zusammen, sind bereit diese Sicherheitsgarantien zu geben". Auf die Frage die angedeuteten Sicherheitsgarantien detaillierter zu erläutern, erklärte der Kanzler:

"Wir würden in diesem Fall zum Beispiel eine entmilitarisierte Zone zwischen den Kriegsparteien absichern und - sehr konkret - wir würden auch entsprechende russische Übergriffe und Angriffe erwidern. So weit sind wir noch nicht, aber dass die Amerikaner so eine Zusage gegeben haben, also die Ukraine für den Fall eines Waffenstillstandes so zu schützen, als ob sie NATO-Territorium wäre, dass finde ich, ist eine beachtliche, neue Position der Vereinigten Staaten von Amerika und die haben wir gemeinsam erreicht."

Der Nachfrage, ob Bundeswehrsoldaten aktiv in der "entmilitarisierten Zone" im Rahmen der "Koalition der Willigen" beteiligt würden, wich der Kanzler mit allgemeinen Ausführungen zu militärischen Entwicklungen seit 2014 aus- "warum haben wir nicht viel mehr über den Schutz des Luftraums über der Ukraine gesprochen" -, ohne näher darauf weiter einzugehen.

Auf nachhaken der Moderatorin Bettina Schausten, "Soldaten auf ukrainischem Grund, da hat Putin ja immer gesagt: njet, auf keinen Fall'.", reagierte Merz mit der Bemerkung:

"Putin hat zu vielem 'njet' gesagt. Er wird irgendwann auch mal 'Ja' sagen müssen, wenn es darum geht, diesen Krieg zu beenden. Das ist die Zeit nach dem Ende des Krieges, über die wir jetzt gerade sprechen und für diese Zeit danach, braucht die Ukraine Schutz. Denn noch ein paar Mal auf das Wort Russlands zu vertrauen, dass kann man ihr nicht zumuten."

Der N-tv-Artikel kommentiert zu diesem Abschnitt des Gesprächs, ohne Erwähnung der explizit deutschen Thematik:

"Allerdings ist gerade die Stationierung westeuropäischer oder von NATO-Truppen in der Ukraine bislang ebenfalls ein rotes Tuch für Russlands Machthaber Wladimir Putin." 

Die Bild-Redaktion fasst zu dieser Passage zusammen:

"Solange aus dem Kreml keine Friedenssignale kommen, sei das aber Zukunftsmusik, so Merz. Er äußerte grundsätzliche Hoffnung, dass der Druck auf Russland irgendwann zu einem Umdenken in Moskau führen werde. 'Putin hat zu vielem Njet gesagt', sagte der Kanzler. 'Er wird auch mal Ja sagen müssen'."

Die ZDF-Redaktion präsentiert als Zusammenfassung zur "heiklen Frage des Gebietsverzichts" seitens Kiews:

"Zur heiklen Frage des Gebietsverzichts äußerte sich Kanzler Merz differenziert. Er stellte fest, dass der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij bereit sei, die jetzige sogenannte "Kontaktlinie" – wie Merz den Frontverlauf bezeichnete – als Grundlage für einen Waffenstillstand zu akzeptieren. Damit würde die Ukraine de facto anerkennen, dass das Territorium zunächst russisch besetzt sei. Eine juristische Anerkennung der Gebietsabtretungen stünde jedoch im Widerspruch zur ukrainischen Verfassung. Merz betonte nachdrücklich: Die Entscheidung über territoriale Fragen müsse die Ukraine selbst treffen."

Merz dazu wörtlich:

"Wir können und wir werden nicht über die Köpfe der Ukraine hinweg über territoriale Fragen dieses Landes entscheiden."

Zur anvisierten illegalen Nutzung der "eingefrorenen" russischen Staatsgelder führte der Kanzler aus, dass dies ein "entscheidendes Druckmittel gegenüber Russland" darstelle. Der "erste Teilplan" laute: die dauerhafte "sogenannte Immobilisierung" des Geldes in Europa. Dies sei ja bereits beschlossen worden, sodass "Russland vor Kriegsende nicht mehr darauf zugreifen kann". Die Zinserträge würden wörtlich "der Ukraine zur Verfügung gestellt".

Eine weitere diesbezügliche wörtliche Wahrnehmung lautete:

"Wenn wir jetzt nicht springen und jetzt nicht die Entscheidung treffen, die wir treffen könnten, um diesem Vormarsch der russischen Armee Einhalt zu gebieten, wann denn dann?"

Nun müsse noch "der zweite Teilplan umgesetzt werden, der die Nutzung dieser Mittel zur dauerhaften Unterstützung der Ukraine ermöglicht, beispielsweise durch ein abgesichertes Darlehen", so Merz ausführend.

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