Der amtierende Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Bundeswehr-Generalmajor Wolf-Jürgen Stahl, hat im Podcast "Machtmenschen" der Zeitung Focus über die deutsche Verteidigungspolitik gesprochen. Stahl könne den Zuhörern derzeit "kaum wie ein anderer" erklären, "vor welchen Herausforderungen die Bundeswehr aktuell steht", so die Focus-Redaktion, die auf die 42-jährige Karriere Stahls bei der Bundeswehr hinweist. In dem Podcast erklärt der Generalmajor, dass es, "um das Land wehrhaft zu machen", notwendig sei, dass in "bestimmten gesellschaftlichen Bereichen" über die "Einführung der 48-Stunden-Woche" nachgedacht wird.
In dem rund 52-minütigen Interview fordert der Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik ein "neues 'Mindset', um das Land wehrhaft zu machen". Die verantwortliche Politik müsse Sorge dafür tragen, dass "sowohl die zivile als auch die militärische Verteidigungsbereitschaft im Falle eines Angriffs gewährleistet ist". Grundsätzlich, so Stahl, halte er die Bundeswehr aktuell "für verteidigungsfähig". Allerdings müsse der Status quo der Truppe "dringend verbessert werden":
"Wir müssen mehr tun. Und das heißt: Wir müssen mehr Zeit in unsere Sicherheit investieren, ohne Wenn und Aber. Wir müssen qualifiziert schneller einsatzbereit werden. Wie kriegen wir das hin? Wenn ich das Material habe und das Personal habe, dann muss ich noch ausbilden. Und ich sage: Wenn die Lage es erfordert, muss ich eben länger arbeiten, länger ausbilden."
Der Focus schreibt über das Gespräch, dass nach Ansicht des Generalmajors der russische Präsident Putin seit geraumer Zeit die "Voraussetzungen für einen Angriff schafft". Stahl sagte:
"Putin rüstet sein Land auf – über die Maßen dessen, was er, wenn man es so formulieren will, in der Ukraine verbraucht … Er will 1,5 Millionen Soldatinnen und Soldaten haben. Der Startpunkt war bei deutlich unter einer Million … Warum er das macht? Weil er damit Voraussetzungen schafft für einen Angriff. Er fährt Personal hoch, er fährt Material hoch, er produziert mehr als er verbraucht. Er hat die Absicht, den Westen zu schwächen und die Amerikaner aus Europa rauszudrängen. Und das erreicht er durch Stressen."
Auf Spotify heißt es zu dem Interview:
"Im Mittelpunkt stehen die strategischen Herausforderungen für Deutschlands Sicherheit: Putins hybride Kriegsführung, die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr, die Rolle der Wirtschaft und der Gesellschaft – und die Frage, warum wir uns zwar nicht im Krieg, aber auch nicht mehr im Frieden befinden. Wie bereitet man ein ganzes Land auf diesen neuen Ernstfall vor?
Stahl erkläre "all dies mit Blick auf die Gefahr durch Russland". Was er in dem Gespräch beschreibe, sei "ein Wettlauf mit einem Gegner, der vor nichts zurückschreckt". Daher sei die "Fähigkeit zur Abschreckung" notwendig. Dies gelte auch für Bereiche wie "die Rüstungsindustrie, um schneller zu produzieren".
Spätestens seit dem Jahr 2014 sei dem Generalmajor bewusst, welche Gefahr von dem russischen Präsidenten ausgehe. Für "jemanden wie Putin", so Stahl weiter, sei "das Instrument Militär zur Durchsetzung seiner Absichten total legitim".
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