Von Bernhard Loyen
In diesem Jahr versammelten sich für drei Tage die Grünen-Mitglieder zur 51. Bundesdelegiertenkonferenz in der Landeshauptstadt des Landes Niedersachsen, in Hannover. So weit, so unspektakulär. Schlagzeilen während und nach dem Zusammentreffen vermeintlich besserer und aufrichtigerer Demokraten lauteten:
- NDR: "Robert fehlt" – Bundesparteitag der Grünen in Hannover
- ARD-Tagesschau: Grüne geben sich zum Auftakt kämpferisch. Auf ihrem Bundesparteitag in Hannover wollen die Grünen ihr Profil als Oppositionspartei schärfen
- Der Spiegel: Die harten Zeiten für die Grünen kommen erst noch
Seit Mitte der 1990er-Jahre gehören zum Profil der als "Friedenspartei" gestarteten Ansammlung von Lebensindividualisten auch die Gier nach Macht, gelebte Skrupellosigkeit und der Beginn des politischen Weges über Leichen. Per Beschluss besiegelt auf der Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen in Bielefeld im Jahr 1999 mit den folgenden abgesegneten Bombenangriffen auf das vormalige Jugoslawien.
Rund ein Vierteljahrhundert später steht der ausgemachte grüne Feind Nummer eins noch etwas östlicher – Russland. Um die olivgrüne Position zu untermauern, präsentiert sich auf dem Hannoveraner Parteitag auch der Verein "BundeswehrGrün", die Vereinigung "grüner und grünennaher Bundeswehrangehöriger". Bis zum Ende der Grünen-Konferenz so weit kein Thema, wäre nicht am vergangenen Sonntag auf X ein Videoausschnitt einer Rede aus Hannover aufgeploppt.
Es zeigt das "BundeswehrGrün" und Parteimitglied Simon Neuenhaus, 23-jähriger Bundeswehrsoldat aus Bayern. Vor den ersten Tönen der zackigen Rede fällt dem Betrachter das T-Shirt-Motiv ins Auge. Es zeigt das Motiv der selbst ernannten "Entkolonialisierungsunterstützer", die sich zum Ziel gesetzt haben, einen "antikolonialen und nationalen Befreiungskampf gegen den Kreml-Imperialismus von Moskau" zu führen. Die Losung lautet: "Make Russia Small", also das Zerhäckseln und Zerschlagen der laut russophoben Gedankenkrieger "sogenannten Russischen Föderation".
Ein Artikel in der Jungen Welt erklärte im Vorjahr zur weiteren historischen Realität zum Slogan:
"Das westliche Medienestablishment feierte unlängst einen Auftritt des ukrainischen Präsidenten in einem T-Shirt mit der Aufschrift 'Make Russia Small Again' als gelungene Provokation. Was nirgendwo berichtet wurde, ist, dass Wladimir Selenskij mit dieser ukrainischen Variante von Donald Trumps Wahlslogan eine gleichnamige Kampagne von Bandera-Faschisten in der Werchowna Rada bewarb."
Die JW-Autorin kommentiert daher zum jüngsten Auftritt des grünen Bandera-Verstehers:
"Auf dem Shirt des Kriegshetzers findet sich der Slogan der Kampagne für die 'versklavten Völker', die 2023 von Banderisten in der Werchowna Rada in Anlehnung an den Anti-Bolshevic Bloc of Nations, einst größte Organisation von Nazikollaborateuren weltweit, initiiert wurde."
Die Neuenhaus-Rede ist selbst für Grünen-Verhältnisse dermaßen bizarr und provokativ, samt aufbrausendem Applaus und Begeisterungsrufen im Saal, dass über Tage diskutiert wurde, ob es sich nicht doch um KI-generierte Inhalte handelt. Weit gefehlt. So lauten die wörtlich vorgetragenen Gedankenwelten eines grünen Bundeswehrsoldaten:
"Ich bin 2018 bei den Grünen eingetreten (...) Und jetzt wird es interessant. Ich habe mich für 13 Jahre als Offizier bei der Bundeswehr verpflichtet. Und ich bin ebenfalls verdammt stolz darauf, als deutscher Offizier, wie ich als Grüner gegen die inneren demokratischen Feinde stehe, gegen die äußeren demokratischen Feinde zu stehen. Und ich bin verdammt stolz darauf, welchen Sinneswandel ich in dieser Partei miterlebt habe, wie wir im Umgang mit der Bundeswehr, mit unserer Sicherheit und gegen Russland stehen."
Unter dem Beifall seiner Parteikollegen (m,w,d) redet sich Neuenhaus weiter in seinen persönlichen dreiminütigen Parteitagsrausch:
"Wir sind die Partei, die das Bollwerk der Demokratie gegen den Faschismus im Osten ist, gegen den Faschismus im eigenen Land, gegen das faschistoide Regime in Putin. Und so wie ich von jedem Einzelnen hier weiß, sei es auf dieser BDK, sei es in dieser Partei, dass er alles geben wird, um die Feinde der Demokratie im Inneren zu bekämpfen, so erwarte ich auch, dass hier jeder alles in seiner Macht Stehende tut, um die Feinde der Demokratie, die von außen gegen uns anwirken, zu bekämpfen."
Es fehlte nur noch der finale Ausruf: "Wollt ihr den ..." Wie habe ich diesen aufrichtigen Demokratie-Soldaten recherchiert? Das Problem war: In dem kompletten Videomitschnitt des 29. November auf dem Sender Phoenix ist die Rede nicht enthalten. In X-Videos findet sich dann der Satz:
"Deswegen plädiere ich als Angehöriger von BundeswehrGrün, tatsächlich, wir haben auch hier einen Stand, ihr könnt morgen noch gerne vorbeikommen und euch informieren."
Dieser Hinweis führte dann zu diesem Ergebnis:
Neben dem 23-jährigen Russen(be)kämpfer präsentiert sich die Kollegin Katharina Schulze, gefürchtet für ihre totalitären Gedanken gegenüber "ungeimpften" Mitbürgern in den drei dunklen Jahren. Die faschistoide Forderung lautete genau vor vier Jahren im Dezember 2021:
"Es braucht jetzt: Eine Verschärfung der Kontaktbeschränkungen der ungeimpften Erwachsenen: möglich sollen nur noch Treffen zwischen Mitgliedern eines Haushalts mit maximal einer weiteren erwachsenen Person sein, Kinder werden nicht mitgezählt. Den Handel endlich für Ungeimpfte schließen: 2G im Einzelhandel mit Ausnahme der Grundversorgung."
Das Bildmaterial belegt zudem, dass die anderen "BundeswehrGrün"-Mitglieder am Stand anscheinend an der morgendlichen T-Shirt-Auswahl des Jungmitglieds nichts Kritikwürdiges oder Anstößiges erkannten. Frau Reiche erkannte auch nicht die Notwendigkeit für den kollegialen Tipp, vor der Rede im großen Saal das T-Shirt für die vorgesehene Aufzeichnung zu wechseln.
Nun präsentiert, wenige Tage später, das Social-Media-Team der Grünen offiziell für das Archiv seit dem 3. Dezember auf dem YouTube-Kanal der Partei – ab 2:54:40 in der Aufzeichnung – die laut Beifallsbekundungen realexistierende Gedankenwelt in Grünen-Kreisen.
Der "transgeschlechtliche" Parteikollege Nyke Slawik (31 Jahre alt) wollte am gleichen Abend, ansonsten eher zartbesaitet, anscheinend auch strammer im Meinungsbild rüberkommen, um zu Protokoll zu geben:
"Aber die Welt ist heute eine andere als vor vier Jahren, ich bin eine andere Politikerin als vor vier Jahren (...) Wir müssen darüber reden, was es für diese Menschen bedeutet, einen Krieg eines imperialistischen Diktators vor ihrer Haustür zu haben, der jeden Tag ihre Hoffnung auf ein Leben in einem freien Europa zerstört und ihre Zukunftsträume von einem Leben in Freiheit und Selbstbestimmung mit Füßen tritt [...] Aber was heißt Antifaschismus, wenn er nicht international ist, wenn er keine klare Antwort auf den Kampf gegen Diktatoren wie Putin liefert?"
Jung sind sie alle, die grünen Russenhasser. Am 3. Dezember 2025 haben sich der Europäische Rat und Vertreter des EU-Parlaments in der Nacht darauf geeinigt, dass ab dem kommenden Winter jegliches russisches Gas nicht mehr für die Bürger der EU zur Verfügung stehen wird. Der EU-Grünenabgeordnete Michael Bloss, 39 Jahre alt, präsentiert sich umgehend begeistert, bedingt reflektiert, dafür aber stramm russophob auf X:
"Eine schlechte Nachricht für Putin! Unter Grüner Führung haben wir heute Nacht den Durchbruch erreicht! Ab 2027 darf kein russisches Gas mehr in die EU importiert werden, das gilt gesetzlich und für immer! Bye-bye Nordstream 1+2!"
Die Grünen können sich auf stramme elf Prozent (plus/minus) Wählerpotenzial verlassen, sind damit weiterhin mehr als gefährliche Mehrheitsbeschaffer. Das Resümee zum Auftritt des olivgrünen Bundeswehrsoldaten mit strammem Blick gen Osten samt der russophoben Realität in der Partei lautet, mit den jüngsten Erfahrungen der grünen Skrupellosigkeit in Machtpositionen – Baerbock: "We are fighting a war against Russia" – wer grün wählt, entscheidet sich bewusst für Krieg, in jeglicher Form, nach innen, wie nach außen.
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