Weimer-Skandal: "Man wird ihn proaktiv aus dem Amt entfernen müssen"

War es das für den Bundeskulturminister? Das Angebot einer Nacht mit einem Bundesminister für 80.000 Euro war wohl doch etwas zu dreist. Jedenfalls nimmt die öffentliche Empörung sichtlich Fahrt auf. Die Ausreden aus dem Hause Weimer verpuffen.

Die Rechnung von Kulturstaatsminister Wolfram Weiner scheint nicht aufzugehen – aus der Meldung über die 80.000 Euro, die seine Firma für die Teilnahme am "Ludwig-Erhard-Seminar" haben will, wird doch noch ein größerer Skandal. Der Versuch, ihn durch einen Verweis abzuwenden, die Geschichte sei zuerst in "rechten" Medien erschienen, ist offenkundig gescheitert. "Gezielte Beeinflussung von Politikern?" fragt der Tagesspiegel, "Ein Staatsminister bringt sich unter Verdacht", titelt der Stern, und "Untergräbt das Vertrauen der Öffentlichkeit", zitiert die Welt in ihrer Schlagzeile aus Aussagen der Opposition. Einzig die FAZ hält Weimer die Stange: "Weimer weist Vorwürfe zurück, er verkaufe politische Kontakte".

Das Portal Apollo News hatte die Geschäfte rund um den von Weimers Verlag veranstalteten Ludwig-Erhard-Gipfel veröffentlicht, samt einer "Teilnahme an der exklusiven Executive-Night", mit der für schlappe 80.000 Euro kein Escortservice, sondern Bundesminister gebucht werden können. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz hatte in früheren Jahren Auftritte auf dieser Veranstaltung, und Weimers Gattin und Mitinhaberin seines Verlags, Christiane Goetz-Weimer, erklärte gar, diese Veranstaltung sei die "Keimzelle der neuen Bundesregierung" gewesen.

Die bayerische Staatsregierung jedenfalls reagierte auf die Veröffentlichung pikiert. Sie hat eine Compliance-Prüfung eingeleitet, also eine Überprüfung, ob sich das Unternehmen in Bezug auf staatliche Fördermittel gesetzestreu verhält. Diese Prüfung wird darüber entscheiden, ob es auch in Zukunft bayerische Zuschüsse zu dieser Veranstaltung gibt. Noch ist der bayerische Ministerpräsident Markus Söder der Schirmherr der Veranstaltung, und über die Agentur Bayern Innovativ hat das Bayerische Wirtschaftsministerium zuletzt im laufenden Jahr 165.000 Euro Förderung gewährt.

Bisher betont Weimer, er sei nicht mehr Teil der Geschäftsführung, seit er sein Ministeramt angetreten habe. Allerdings hält er nach wie vor 50 Prozent der Firma, ist also an jedem Gewinn und Verlust unmittelbar beteiligt. Die Weimer Media Group erklärt, die Executive-Night habe nichts mit politischer Einflussnahme zu tun: "Ob und wie Gäste und Speaker miteinander ins Gespräch gehen, liegt in deren Ermessen. Wer sich dort mit wem vernetzt, ist den Gästen vorbehalten."

Die Vorwürfe aus der Opposition sind deutlich. Weimer praktiziere "das direkte Vergolden seines Amtes durch sein Medienunternehmen", so der medienpolitische Sprecher der Linken, David Schliesing. Der grüne Vorsitzende des Kulturausschusses, Sven Lehmann, erklärte, etwas vorsichtiger: "Jede Unklarheit über mögliche Interessenvermischungen beschädigt die Glaubwürdigkeit des Amtes und untergräbt das Vertrauen der Öffentlichkeit."

Allerdings gibt es neben der Auseinandersetzung in der politischen Landschaft auch noch eine in der medialen. Immerhin ist der Verleger Weimer bereits dadurch aufgefallen, fremde Texte ohne Kennzeichnung und Honorar als eigene ausgegeben zu haben, unter anderem, pikanterweise, etwa 100 Beiträge der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel, aber auch von Donald Trump oder Papst Benedikt XIV. Das wurde bekannt, nachdem Weimer bei seinem Auftritt auf der Frankfurter Buchmesse die Missachtung des Urheberrechts durch künstliche Intelligenz "digitalen Vampirismus" genannt hatte.

Die Geschichte mit dem Regierungsdinner für 80.000 Euro weckte auch das Interesse des Cicero, einer Zeitschrift, die Weimer einst selbst gegründet hatte. Cicero-Autor Mathias Brodkorb, als Sozialdemokrat und ehemaliger mecklenburgischer Kultus- und Finanzminister reichlich unverdächtig, ein "Rechter" zu sein, stellte der Weimer Media Group drei Fragen: "1. Sind die Recherchen von Apollo News korrekt? 2. Sieht das Unternehmen hier einen Interessenkonflikt beim Miteigentümer Wolfram Weimer? 3. War Wolfram Weimer über die 'geschäftlichen Absichten und Pläne', also über den Verkauf des Zugangs von Unternehmen zu hochrangigen Politikern, informiert?"

Antworten auf die Fragen gab es nicht, wohl aber die Bemerkung "Wollen Sie wieder mit so viel Verve gegen den Gründer Ihres Magazins schreiben?" Und dann meldete sich Weimers Ehefrau. Der Grund für die Kritik aus "rechten Kreisen" sei, dass die AfD zu diesem Gipfel nicht eingeladen werde.

"An dieser Taktik", so Brodkorb, "ist immerhin so viel plausibel, als noch vor 15 Jahren derartige Storys nicht von einem kleinen journalistischen Start-up, sondern vom Spiegel recherchiert und aufgeschrieben worden wären". Der Kulturminister jedenfalls hat bei Brodkorb mit diesen Manövern keine Zuneigung gewonnen: "Bisher vermittelt Wolfram Weiner nicht den Eindruck, von selbst seinen Kanzler und die Republik vor weiterem Schaden bewahren zu wollen. Man wird ihn, um das Problem aus der Welt zu schaffen, proaktiv aus seinem Amt entfernen müssen."

Mehr zum Thema – Medienbericht: Merz-Staatsminister verkauft Abendessen mit Kabinettsmitgliedern für 80.000 Euro