Von Felicitas Rabe
Auf dem 32. Bundesweiten Friedensratschlag in Kassel waren am 2. Novemberwochenende Vertreter verschiedener linker Jugendorganisationen in gestaltender Funktion mit dabei. RT DE konnte mit einem jungen Friedensengagierten aus einem linken Jugendverband sprechen, der sich während der Kasseler Konferenz an der Podiumsveranstaltung "Wie verhindern wir die Wehrpflicht?" beteiligte.
Zunächst wollte RT DE von Jens (Name der Redaktion bekannt) wissen, welchen Eindruck er von der Konferenz habe. Insgesamt gefalle ihm der Friedensratschlag in diesem Jahr sehr gut, erklärte der 25-Jährige. Für ihn sei wichtig, dass die gewerkschaftliche Friedensarbeit auf dem diesjährigen Friedensratschlag eine viel größere Rolle spiele als sonst. Außerdem sei die Jugend in größerer Zahl vertreten – und dabei auch mit Redebeiträgen viel präsenter. Aktuell würden sich wieder zunehmend junge Leute in der Friedensbewegung engagieren. Das läge auch am aktuellen Engagement gegen die Wehrpflicht.
Warum die Friedensbewegung auf der Straße so wenig Präsenz zeige, fragte RT DE den jungen Friedensaktivisten. Das sehe er anders, widersprach Jens. Erst kürzlich, am 3. Oktober, habe es zwei große Friedensdemonstrationen in Berlin und Stuttgart gegeben. Zwar gebe es noch Luft nach oben, wenn man den Kriegsvorbereitungen realistisch entgegenwirken wolle, aber es fänden aktuell zunehmend Mobilisierungen und Aktionen gegen die Kriegsvorbereitungen statt.
Als Beispiel nannte Jens die geplanten Schulstreiks gegen die Wehrpflicht. Darin sehe er eine Chance, breitere Kreise auf die Straße zu mobilisieren. Im Jahr 2026 sollen weitere US-Mittelstreckenraketen in Deutschland stationiert werden – das werde die Proteste im kommenden Jahr noch weiter vergrößern, so die Einschätzung des jungen Aktivisten.
Aus Sicht der Interviewerin war insbesondere die Jugend in den vergangenen Jahren in nur geringem Ausmaß in der Friedensbewegung aktiv. Wie Jens das bewerte, und welche Gründe es für das mangelnde Interesse junger Menschen an den bestehenden Friedensstrukturen gebe, wollte RT DE wissen. Bei Solidaritätsaktionen und –Demonstrationen für Palästina sei die Jugend in der letzten Zeit sehr aktiv dabei, erklärte Jens.
Das zum Teil nur geringe Interesse an der Friedensbewegung liege daran, dass viele Jugendliche eine gewisse Ohnmacht gegenüber der Entwicklung in unserem Land verspürten. Zudem seien große gesellschaftliche Auseinandersetzungen in der aktuellen Jugendgeneration nicht mehr bekannt – wie zum Beispiel die Friedensproteste in den 80er Jahren, oder sonstige große Proteste, die es früher gegeben habe.
Jens zufolge hänge das vor allem mit der Schwäche der Linken zusammen. Seit 1990 fehle den Linken eine klare Orientierung. Infolgedessen mangele es beispielsweise auch an politischen Auseinandersetzungen in den Betrieben. Spätestens seit Einführung der Agenda 2010 würde es politisches Engagement in Betrieben in größerem Maßstab kaum noch geben. Das müsse von einer neuen Generation alles erst wieder aufgebaut werden.
Die wichtigste Aufgabe bestehe für Jens darin, dass die Friedensbewegung ihre unterschiedlichen Kämpfe und Proteste zusammenführen müsse. Dazu führte der junge Friedensaktivist aus:
"Sei es die Palästina-Solidarität, seien es Aktivitäten gegen die Wehrpflicht, oder der Kampf gegen die Stationierung der Mittelstreckenraketen – diese Aktivitäten muss man zu einem gemeinsamen Kampf gegen die Kriegsvorbereitung zusammenführen."
Letztlich dienten die Kriegsvorbereitungen hierzulande alle der Vorbereitung auf einen großen Krieg gegen Russland. Das könne man an den Militärmanövern und insbesondere an den Orten, wo die westlichen Manöver stattfänden, erkennen – hier werde ein Krieg mit Russland geübt. Die Militärs trainierten dabei auch, wie man westliche Truppen in den russischen Grenzraum verlege. Dabei spielen Deutschland, und seine logistische Funktion als militärische Drehscheibe eine entscheidende Rolle.
Bei der ganzen Kriegsvorbereitung in Deutschland gebe es aber eine Achillesferse: die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Das Protestpotenzial gegen die Wehrpflicht sei sehr groß. Dazu führte Jens aus:
"Überall, wo Schüler gefragt werden, ist eine überwältigende Mehrheit gegen die Wehrpflicht. Dieses Potenzial muss in den nächsten Monaten mobilisiert werden und kann über das Mittel der Schulstreiks einen enormen öffentlichen Druck auf die deutsche Regierung ausüben und dadurch relevante Schritte zur Wehrpflicht verzögern oder verhindern."
Der Friedensbewegung sei es auf dem 32. Bundesweiten Friedensratschlag gut gelungen, die verschiedenen Kampffelder miteinander zu denken und dabei auch die nächsten Schritte zu diskutieren. Das stimme hoffnungsvoll!
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