Bundestagsabgeordnete der Partei Alternative für Deutschland (AfD) beantragten für den gestrigen Sitzungstag die gesonderte Debatte zum Thema "De-Banking". So lautete der Antrag: "Politisch motivierte Kontenkündigung durch Banken verbieten". Ausschlaggebend dafür waren jüngste Ereignisse in Nordrhein-Westfalen, wo gleich drei AfD-Kreisverbänden parallel langjährige Kontoverträge gekündigt wurden. In der am späten Abend erfolgten Debatte gab es dabei keinerlei Solidarität seitens der politischen Konkurrenz. Explizit die CDU konnte in den offensichtlichen Störaktionen für die tägliche Parteiarbeit keinerlei Negatives erkennen, da "die Fraktion verstehe, wenn man nicht eine Partei unterstützen wolle, die vom Bevölkerungsaustausch schwadroniere".
Die aktuell bei Umfragen seit Monaten führende und demnach beliebteste Oppositionspartei wird nicht nur von der politischen Konkurrenz hart attackiert, man denke an das drohende Parteiverbotsverfahren, sondern auch im Alltagsgeschäft wie hier von ihren eigenen kontoführenden Banken. So bestätigte nach Medienanfrage die Verbundvolksbank OWL, dass "vor Kurzem die Geschäftsbeziehungen mit den AfD-Kreisverbänden in Minden-Lübbecke, Bielefeld und Paderborn beendet" wurden.
Die AfD-Bundestagsfraktion erklärt dazu in ihrem vierseitigen Antrag (Drucksache 21/2712), gezeichnet von den beiden Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla:
"In Deutschland, der EU und den USA sind Regierungskritiker, alternative Medien und Oppositionsparteien und -politiker von sachlich unbegründeten, aber politisch motivierten Kontokündigungen oder Ablehnungen von Kontoeröffnungen betroffen."
Bezogen auf die Situation in Deutschland lautet unter anderem eine AfD-Forderung:
"[...] in Abstimmung mit den Landesregierungen für Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts verbindliche Rechtsnormen zu schaffen, die den gesetzlichen Versorgungsauftrag der Sparkassen präzisieren und die Gewährleistung des Zugangs zu grundlegenden Bankdienstleistungen verbindlich regeln und das Neutralitätsgebot gegenüber politischen Parteien klar definieren und daran binden [...]"
Eine weitere Initiative – "konkrete legislative Vorschläge" – soll "den berechtigten Zugang zu grundlegenden Bank- und Zahlungsdienstleistungen nach dem Zahlungskontengesetz (ZKG)" sicherstellen.
Die nun diesbezügliche gestrige rund 25-minütige Debatte begann laut vorgegebener Sitzungsplanung um 20.00 Uhr abends. Die Bundestagswebseite informiert zu dem Tagesordnungspunkt:
"Die Fraktion begründet ihren Antrag damit, dass in zahlreichen Fälle Konten von Oppositionspolitikern, regierungskritischen Medien oder Vereinen ohne sachliche Grundlage gekündigt oder gar nicht erst eröffnet worden seien. Die Regierung wird aufgefordert, etwas gegen dieses 'Debanking' zu unternehmen, um Bürgern, legalen Unternehmen und Parteien einen 'diskriminierungsfreien Zugang zu Bankdienstleistungen zu gewährleisten'."
Der AfD-Abgeordnete Kay Gottschalk erklärte als erster Redner:
"Ich hätte mir vor 20 Jahren jedenfalls nicht vorstellen können, meine Damen und Herren, was an opportunistischem Verhalten in unserem Lande mittlerweile bis in die höchsten Bankabteilungen anzutreffen ist. Aber das muss wohl in den Genen unserer Nation oder zumindest bei der sogenannten demokratischen Mitte liegen. Insofern ist dieses dauernde Postulieren von 'Nie wieder!' für mich zwiespältig und, wenn ich Sie so betrachte, lächerlich. Die Nazis hätten es nicht besser gemacht [...]"
Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz monierte laut Plenarprotokoll "grölende Zwischenrufe, wie ich sie gerade von der rechten Seite vernommen habe". Der Zwischenruf des Grünen-Abgeordneten Tarek Al-Wazir konnte demnach nicht protokolliert werden. Weiter heißt es wörtlich:
"Herr Kollege Gottschalk, ich erteile Ihnen jetzt einen Ordnungsruf für die Verwendung des Wortes 'pfui'. Denn das ist unparlamentarisches Verhalten. Und ich erteile Ihnen einen zweiten Ordnungsruf dafür, dass Sie vorhin eine Gleichsetzung mit dem Nationalsozialismus vorgenommen haben."
Für die CDU-Fraktion sprach dann der Abgeordnete Carsten Brodesser. Er erklärte, dass für ihn "aus juristischer Sicht der Antrag der AfD verständlich" sei. Es "dränge" sich ihm jedoch neben der juristischen Behandlung eine "viel wichtigere Betrachtung auf, nämlich eine moralische". Weiter heißt es im Protokoll, hier gelistet in wörtlichen Zitatabsätzen:
- Liebe Vertreter der AfD, die Vorbehalte von verantwortlichen Mitarbeitern [von Bankunternehmen] gegenüber der AfD sind moralisch mehr als verständlich. Ich und meine Fraktion können gut nachvollziehen, dass man sich nicht zum Erfüllungsgehilfen einer gesichert rechtsextremen Partei machen möchte.
- Wir haben absolut Verständnis dafür, dass man einer Partei ein Konto verweigert, deren Ehrenvorsitzender die Zeit der NS-Diktatur als 'Vogelschiss der Geschichte' bezeichnet.
- Und wir wundern uns nicht, wenn Banken Ihnen eine Geschäftsverbindung verweigern, wenn Sie die Menschen in unserem Land in Bürger erster und in Bürger minderer Klasse einordnen und über Remigration sprechen.
- Und wir haben größtes Verständnis dafür, dass man Ihnen die Konten kündigt, weil Vertreter Ihrer Partei das Andenken an die ermordeten Juden in Europa mit Füßen treten, wenn sie das Denkmal in Berlin als 'Denkmal der Schande' bezeichnen.
Laut Sitzungsprotokoll erfolgte Beifall aus den Reihen der CDU, der Grünen sowie bei Abgeordneten der Linken. Die AfD-Fraktion sollte daher "ihr Verhalten in der Rolle des Opfers überdenken".
Der Antrag wurde final als "Vorschlag interfraktionell an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse" übertragen.
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