Desaster-Planung? 900 Millionen Euro Drohnen-Deal wird für Pistorius zum Problem

Das Verteidigungsministerium verteilt generös an drei Rüstungsunternehmen jeweils 300 Millionen Euro für Aufträge von Kamikaze-Drohnen. Das Problem: Die vorherige Testvorführung verlief suboptimal. Rheinmetall-Vertreter erschienen dabei gar nicht zum Bewerbungstermin.

Die Financial Times berichtet über finanzdynamische Pläne im Verteidigungsministerium. SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius ordnete demnach die Vorabüberweisung von jeweils 300 Millionen Euro an die Unternehmen Stark Defence und Helsing, zwei Rüstungs-Start-Ups, sowie an den Krisenprofiteur Rheinmetall an (Bezahlschranke). Das erste Problem lautet, die finalen Verträge für die Stärkung "der Verteidigung gegen Russland" durch moderne Kamikaze-Drohnen müssen noch vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages genehmigt werden. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung habe zudem nur ein Start-Up-Unternehmen bei der Testpräsentation "zufriedenstellende Ergebnisse" geliefert. Das erfolgsverwöhnte Düsseldorfer Unternehmen Rheinmetall schickte zu der Veranstaltung demnach nicht einmal einen Vertreter aus der Drohnen-Abteilung.

Zwei am Rüstungsmarkt verhältnismäßig neu agierende deutsche Start-ups, Helsing (seit 2021) und Stark Defence (seit 2024) sowie der aktuell größte Auftragnehmer des Landes zum Thema Krieg, Rheinmetall aus Düsseldorf, werden laut "drei mit der Angelegenheit vertrauten Personen" einen jeweiligen Anteil an einem Großauftrag des BMVg im Wert von jeweils rund 300 Millionen Euro erhalten, so die Financial Times (FT) berichtend. Weiter heißt es dazu:

"Im Rahmen der Vereinbarungen werden die drei Unternehmen laut einer mit den Gesprächen vertrauten Person bis zu 12.000 Drohnen herstellen, wobei jedoch nur ein Teil dieser Menge im Voraus geliefert wird."

Zu den ausgehandelten Hinterzimmerverträgen berichtete die Bild-Zeitung am Freitag der Vorwoche unter dem Titel:

"Drohnen-Gaga bei der Bundeswehr: Pistorius-Ministerium will 900 Millionen im Blindflug zahlen. Drei Anbieter, zwei Teilnehmer, ein Absturz."

Das Handelsblatt bestätigte ebenfalls am 31. Oktober:

"Kamikaze-Drohne von Start-up Stark scheitert bei Militärtests. Die Drohne erreichte Insidern zufolge bei Erprobungen in Deutschland und Kenia nicht ihr Ziel. Trotzdem bleiben die Berliner im Rennen um einen Bundeswehrauftrag."

Der FT-Artikel zitiert dabei ungenannte Beamte, die demnach "hoffen, dass die Aufteilung der Ausschreibung auf die drei Unternehmen laut mit der Situation vertrauten Personen Innovationen fördern wird." Wörtlich heißt es weiter:

"Sie tun dies, um den Wettbewerb aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, dass sie das beste System erhalten."

Dazu berichtete der Bild-Artikel zum Verlauf eines Drohnen-Testtermins der Bundeswehr vor wenigen Tagen. Laut informierten Quellen "war die Einladung lange anberaumt", aber Drohnen-Experten des Unternehmens Rheinmetall seien bei diesem Termin nicht anwesend gewesen. Insider berichten nun:

"Demnach fand Ende Oktober auf dem Bundeswehrgelände in Munster (Niedersachsen) ein geheimer Drohnen-Test statt. Die Unternehmen Helsing und Stark führten der Truppe dabei ihre Systeme in einem Praxistest vor – insgesamt 19 Testflüge: 17 von Helsing, 2 von Stark. Die Drohnen sollten bei den Tests ohne Sprengkopf in ein Zielobjekt fliegen. Während alle Helsing-Flüge im Rahmen der Anforderungen erfolgreich verliefen, soll die Drohne von Stark ihr Ziel zweimal verfehlt haben. Einmal um mehr als 150 Meter, die zweite Stark-Drohne stürzte laut Augenzeugen unkontrolliert in ein Waldstück."

Die Stark-Mitarbeiter hätten daraufhin das Testgelände "verlassen und bat[en] die Bundeswehr um mehr Zeit, ihre Drohne weiter zu optimieren." Der Handelsblatt-Artikel ergänzt:

"Nahezu zeitgleich nahm Stark in Kenia an mehrtägigen Drohnen-Tests mit der britischen Armee teil. Dort soll die Firma den Insidern zufolge frühzeitig abgereist sein, weil die Tests nicht erfolgreich verliefen."

Mutmaßlich ausgehend von der üppigen Förderung durch das BMVg errichtet das Stark-Unternehmen "aktuell eine Fabrik im britischen Swindon", so ein weiterer FT-Artikel (Bezahlschranke). Das Konkurrenzunternehmen Helsing, finanziell gefördert von Spotify-Gründer Daniel Ek, ist laut FT mit "einer Bewertung von 12 Milliarden Euro das wertvollste Start-up Europas im Bereich Verteidigung". Seit August dieses Jahres ist der frühere Bild-Chefredakteur Johannes Boie Marketing- und Kommunikationschef des Unternehmens aus Bayern.

Laut den Bild-Quellen erfolgte im Anschluss an den BMVg-Termin dann trotz aller Umstände und Widrigkeiten die jeweilige Information an die drei Unternehmen, dass das Ministerium die Lieferung "von Kamikaze-Drohnen im Wert von jeweils 300 Millionen Euro an die Bundeswehr erwartet." Ein "Branchen-Insider" kommentierte gegenüber der Bild-Redaktion:

"Es ist mehr als erstaunlich, dass Rheinmetall beauftragt wird. Gibt es diese Drohne überhaupt? Warum testet die Bundeswehr – zu Recht – die Produkte anderer Hersteller, Rheinmetall aber nicht? Auf solche Spielchen darf sich die Beschaffung eigentlich nicht einlassen."

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums reagierte nach Anfrage demnach mit der Erklärung:

"Alle Hersteller durchlaufen dabei dieselbe Qualifizierung/Zertifizierung, die u. a. die Aspekte Software, Munitionssicherheit, Bedienbarkeit, Einsatztauglichkeit und Dokumentation umfasst." 

Anfragen an die drei Unternehmen blieben unbeantwortet. Eine Sprecherin von Stark Defence erklärte lediglich im Antwortschreiben, das Unternehmen "arbeitet eng mit verbündeten Streitkräften zusammen, um unsere Systeme in Einsatzszenarien unter realen Bedingungen zu testen und an ihre Leistungsgrenzen zu bringen."

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