Bundesinnenminister Alexander Dobrindt will im "Kampf gegen die organisierte Kriminalität" eine "Beweislastumkehr" bei privaten Vermögen einführen. Das bedeutet, "dass bei Vermögen unklarer Herkunft der Nachweis erbracht werden muss, dass dieses Vermögen legal erworben worden ist", sagte der Innenminister am Freitag auf einer Pressekonferenz anlässlich der Veröffentlichung des Lagebilds "Organisierte Kriminalität". Das berichtet das Portal apollo-news.
Wenn der Nachweis über die legale Herkunft des Vermögens nicht erbracht werden kann, will der CSU-Politiker, dass "es zu einer vereinfachten Einziehung dieses Vermögens kommen" kann. Diese Praxis ist mit einer Enteignung gleichzusetzen und würde ein Novum in einer derartigen Ausgestaltung in der Geschichte der Bundesrepublik bedeuten, da unklar bleibt, wer einen plötzlichen Hausbesuch durch Beamte erwarten darf.
Dieses Vorgehen sei laut Dobrindt ein "zentraler Schlüssel", weil durch organisierte Kriminalität erworbenes Geld, etwa aus Drogenhandel, zu großen Teilen "in kriminelle Machenschaften investiert" würde. Damit werde wiederum automatisch der "Phänomenbereich der organisierten Kriminalität" vergrößert, warb Dobrindt für seinen Vorschlag.
Der Vorstoß, mit einer äußerst fragwürdigen Beweislastumkehr gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen, ist jedoch nicht neu. Bereits im Jahr 2023 hatte Berlins SPD-Innensenatorin Iris Spranger vorgeschlagen, die Beweislastumkehr bei Vermögenswerten im Kampf gegen die organisierte Kriminalität einzusetzen. Die damalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ließ über eine Sprecherin gegenüber dem Tagesspiegel ausrichten, den Vorschlag näher zu prüfen. Im Zuge des zeitweiligen Compact-Verbots im vorigen Jahr wurden unter Faesers Ägide zeitweise Wertgegenstände und Möbel aus dem Haus des Magazin-Chefs Jürgen Elsässer durch Beamte beschlagnahmt.
Bereits in der Vergangenheit betonten Juristen, der Vorschlag der Beweislastumkehr bei Vermögen sei nicht tragbar, da dieser der bisherigen Rechtspraxis entgegensteht und sogar mit dem Grundgesetz kollidieren könnte. Darüber hinaus merkten Juristen an, dass die Beweislastumkehr zwar nur für Vermögen aus der organisierten Kriminalität vorgesehen sei, es aber nur ein kleiner Schritt sei, dies auf weitere Bereiche auszuweiten. Auch liberale Stimmen sehen den Vorschlag kritisch und werfen Dobrindt einen Verstoß gegen die "freiheitlich-demokratische Grundordnung" vor. So kommentierte der Wirtschafts- und Finanzexperte Markus Krall bei X den Vorstoß des Bundesjustizministers mit drastischen Worten:
"Ihre Forderung, fundamentale rechtsstaatliche Grundsätze über Bord zu werfen ist ein Anschlag auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Der Rechtsstaat beruht eben darauf, dass er nicht alles Mögliche macht, was vielleicht einem wütenden Lynchmob gefällt, sondern er basiert auf unveränderlichen und unverletzlichen Prinzipien. Wenn sich in ihrem ganzen Ministerium kein einziger kluger, ordentlich ausgebildeter Jurist findet, der sie vor der Veröffentlichung eines derartigen verfassungswidrigen Unsinns abhält oder wenigstens darauf hinweist, dann zeigt dies nur noch, wie überflüssig ihre ganze Behörde ist. Nicht nur das, sie ist schädlich für das Gemeinwesen, weil sie offenbar nicht mehr der Pflege, sondern der Demontage des Rechtsstaates dient. Gehen Sie in sich, Herr Minister und schalten Sie Ihren Verstand ein, sofern sie noch einen haben."
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