Zahlreiche EU-Staaten ächzen unter der Migrationskrise – vor allem illegale Einwanderer aus Afghanistan sorgen oft für negative Schlagzeilen. Nun wollen zwanzig europäische Staaten die Europäische Kommission unter Druck setzen, Abschiebungen von Afghanen ohne Aufenthaltsrecht zu forcieren. Das berichtet die Berliner Zeitung am Sonnabend. In einem Pamphlet an EU-Migrationskommissar Magnus Brunner, das von der niederländischen Regierung eingereicht wurde, verweisen die Unterzeichner auf eine deutliche Diskrepanz zwischen Rückführungsentscheidungen und tatsächlich vollzogenen Abschiebungen.
So hätten im Jahr 2024 insgesamt 22.870 Afghanen in der EU eine Rückführungsentscheidung erhalten, aber nur 435 seien tatsächlich nach Afghanistan zurückgekehrt. Das sind nicht einmal zwei Prozent der Betroffenen. Unterzeichnet wurde das Schreiben unter anderem von Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Italien, Griechenland, Finnland und Polen sowie von Norwegen, das nicht EU-Mitglied ist, aber am Schengen-Raum teilnimmt.
Das Thema Abschiebung nach Afghanistan soll fortan als "gemeinsame Verantwortung" auf EU-Ebene gelöst werden. Zudem soll Brüssel besser koordinieren, wie Rückführungen in das von den islamistischen Taliban beherrschte Land ermöglicht werden können. Das trifft vor allem auf junge Männer zu, "die eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellen".
Der Vorstoß ging nach Angaben belgischer Medien von der Regierung in Brüssel aus. Auch der deutsche Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) signierte den Brief. Deutschland führt derzeit Gespräche mit den Taliban über mögliche Abschiebungen afghanischer Staatsangehöriger. Diese seien angeblich "weit fortgeschritten", sagte Dobrindt laut mehreren Medienberichten.
Vor einigen Wochen sollen sich Vertreter des Ministeriums bereits in Katar mit Delegierten der Taliban getroffen haben, um einen regulären Rückführungsmechanismus aufzubauen. Demnach sollen Abschiebungen künftig regelmäßiger und in größerem Umfang stattfinden – auch per Linienflug und nicht nur mit Chartermaschinen. Ob die Initiative der Staaten wirklich umgesetzt wird, bleibt aufgrund bürokratischer Hürden der EU-Kommission und des letztlich fehlenden politischen Willens fraglich.
Mehr zum Thema - Neues Europa mit neuem Gesicht – kein Plan für die Lösung der Immigrationskrise