Die Zahl der ukrainischen Staatsbürger, die in Deutschland Schutz suchen, hat sich laut einem Bericht der Funke Mediengruppe in den vergangenen Wochen deutlich erhöht. Diese Entwicklung steht im Zusammenhang mit der Aufhebung des Ausreiseverbots für Männer im Alter von 18 bis 22 Jahren durch die ukrainischen Behörden.
Die neue Regelung, die seit 28. August in Kraft ist, hat laut einer Sprecherin des Bundesinnenministeriums zu einem Anstieg der Schutzgesuche in Deutschland "von etwa 100 pro Woche vor Inkrafttreten der Regelung auf derzeit circa 1.000 pro Woche geführt". Ob dieser Trend anhält, könne derzeit nicht bewertet werden, so die Sprecherin weiter.
Dem Bundesinnenministerium zufolge wurden im Mai 2025 7.961 Ukrainer über das "Free"-Registrierungssystem verteilt. Die Zahl stieg im Laufe des Sommers an, erreichte im August 11.277 und im September sogar 18.755.
Laut dem Ausländerzentralregister (Stand vom 30. September) halten sich in Deutschland derzeit 1.292.122 Flüchtlinge aus der Ukraine auf. 1.119.480 haben bereits einen Aufenthaltstitel. Bis zu drei Viertel der erwachsenen Flüchtlinge sind Frauen. Die meisten von ihnen kamen mit Kindern. Zuletzt wurden 360.000 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre gezählt.
Die demographische Situation in dem alternden Land dürfte einer der Gründe für das ausdrückliche Wohlwollen der deutschen Behörden gegenüber dieser Einwanderungsgruppe sein. Auch der vergleichsweise hohe Bildungsstatus und Integrationswillen der ukrainischen Zuzügler spielen eine Rolle. Mehr als die Hälfte der befragten Ukrainer gibt an, nicht mehr in ihr Heimatland zurückkehren zu wollen. Die meisten Kinder sprechen schon gut Deutsch und haben sich in ihrer Umgebung gut eingerichtet. Auch der rege Pendelverkehr zwischen Deutschland und der Ukraine sowie die Möglichkeit, problemlos durch Europa reisen zu können, tragen zur Zufriedenheit innerhalb dieser Einwanderergruppe bei.
Befragungen und Studien deuten darauf hin, dass viele Ukrainer in Deutschland auch relativ schnell in eigene, private Unterkünfte ziehen konnten. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass Personen mit einem Schutzstatus nach § 24 des Aufenthaltsgesetzes im Gegensatz zu Asylbewerbern ihren Wohnort frei wählen können. Zuletzt lebten 83 Prozent der ukrainischen Flüchtlinge in einem Mietverhältnis.
Im Unterschied zu Deutschland ist die Einreise ukrainischer Bürger nach Russland erheblich erschwert. Diese ist nur an zwei Grenzkontrollpunkten möglich – im Gebiet Pskow an der Grenze zu Lettland sowie im Flughafen Scheremetjewo. Grund sind eine umfassende Sicherheitsprüfung und Smartphone-Kontrollen. Im Jahre 2025 konnten (bis September) 16.000 Ukrainer nach Russland einreisen, 26.000 wurden abgewiesen.
Nach Angaben der russischen Einwanderungsbehörden halten sich derzeit in Russland mehr als eine Million Migranten aus der Ukraine auf, von denen etwa 185.000 Dokumente für einen langfristigen Aufenthalt erhalten haben.
Die Ukraine erlebt derzeit einen beispiellosen Bevölkerungsrückgang. Einer Geburt stehen drei Sterbefälle gegenüber. Im ersten Jahr der Unabhängigkeit lebten in der Ukraine noch 52 Millionen Menschen. Jetzt sind es Schätzungen zufolge weniger als 30, wobei sechs bis sieben Millionen ins Ausland geflüchtet sind. Dieser Trend machte sich allerdings schon lange vor dem Beginn der russischen Militäroperation bemerkbar.
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