Vergangene Woche hatte der AfD-Außenpolitiker Markus Frohnmaier in einem Interview für den Fernsehsender n-tv eine Russlandreise für das Frühjahr 2026 angekündigt (RT DE berichtete). Nun kommt aus den Kreisen der schwarz-roten Regierungskoalition scharfe Kritik an den Reiseplänen des Weidel-Vertrauten. Sogar von "Spionage" und "Vaterlandsverrat" ist die Rede.
Gegenüber dem Handelsblatt sprachen sich mehrere Koalitionspolitiker gegen eine Moskau-Reise des aus Baden-Württemberg stammenden AfD-Bundestagsabgeordneten aus. Sie sehen in einer solchen Reise ein Sicherheitsrisiko für die Bundesrepublik Deutschland. So behauptete Marc Henrichmann (CDU), Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das für die Nachrichtendienste des Bundes zuständig ist:
"Die AfD war immer eine Gefahr für die nationale Sicherheit, weil große Teile ihrer Mitglieder unterwürfig gegenüber Feinden unserer Demokratie – insbesondere Wladimir Putin – agierten."
Henrichmann deutete auch an, es könnten Geldzahlungen aus Russland an die AfD geflossen sein. Für den CDU-Politiker sind etwaige AfD-Kontakte nach Russland brandgefährlich: Wenn nun die AfD "mitten im Angriffskrieg gegen die Ukraine" eine Russlandreise unternehme, müssten "im Bundestag und bei deutschen Sicherheitsbehörden alle roten Lampen angehen."
Auch der stets eskalationsbereite und notorisch russophobe CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter meldete sich zu Wort. Er appellierte an die Parteiführung der AfD, die Reise zu unterbinden. Sie stehe gegen deutsche Interessen. Auch Kiesewetter hantierte mit dem Spionage-Vorwurf gegen Frohnmaier. Es sei mit dem Abfluss von Informationen zu rechnen. Sollte die AfD Frohnmaier die Reise nicht verbieten, müsse man prüfen, "ob gegebenenfalls eine juristische Überprüfung des Abgeordneten denkbar" sei. Es ist allerdings kaum vorstellbar, dass der Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Frohnmaier die Reise nach Russland ohne Kenntnis und Billigung von Partei- und Fraktionsspitze öffentlich angekündigt hat.
Kiesewetters Bezichtigungen der AfD und speziell Frohnmaier gegenüber sind drastisch. Die Partei agiere demnach als "Sprachrohr und verlängerter Arm des Kremls." Bei Frohnmaiers Reise in das "Kriegsverbrecherland Russland" müssten die russischen Behörden "nicht wirklich große Mühe in Spionage stecken." Der "Terrorstaat Russland" nutze "russlandfreundliche Parteien wie die AfD gezielt zur Desinformation, zur Einflussnahme und Spaltung Europas."
Der SPD-Abgeordnete Sebastian Fiedler wiederum wärmt den alten Vorwurf wieder auf, Frohnmaier sei vom Kreml gesteuert. Er hege keinerlei Zweifel, dass der AfD-Politiker Teil einer "von Russland breit angelegten Einflussoperation" sei. Die Bekanntmachung der Reisepläne zum jetzigen Zeitpunkt sei Bestandteil dieser Einflussnahme:
"Hierdurch sollen Russlands hybride Kriegsführung gegen uns verschleiert, Desinformation verbreitet und Putins Rolle als Kriegsverbrecher verharmlost werden."
Die AfD sei "eine Partei der Vaterlandsverräter".
Ähnlich äußerte sich vor wenigen Tagen auch der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jens Spahn, als er AfD-Wählern "Verrat am Vaterland" vorwarf. Er kritisierte sie direkt dafür, dass die Bereitschaft, eine Partei zu wählen, die pro Putin sei und für China spioniere, "sicher kein Patriotismus" sei, sondern "Verrat am Vaterland".
Solch feindselige Rhetorik und Verbotsgelüste erinnern an die politische Praxis in Kiew nach dem blutigen Staatsstreich in Februar 2014. Zunächst wurden russische Medien und Internet-Plattformen verboten, dann die Nutzung der russischen Sprache. Im Laufe der Zeit wurden auch "russlandfreundliche" Medien, Parteien und sonstige Institionen wie etwa die Ukrainische Orthodoxe Kirche verboten. Schließlich untersagte der damalige ukrainische Präsident Wladimir Selenskij am 30. September 2022 Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten per Erlass.
Derweil reagierte Markus Frohnmaier auf der Plattform X gelassen auf die gravierenden Vorwürfe. "Reden, auch wenn's unbequem ist", sei das Wesen diplomatischer Arbeit. Das Außenministerium müsse endlich seinen Job machen und Gesprächskanäle nach Russland öffnen. Frohnmaier mahnte:
"Wer mit Schaum vor dem Mund jeden Dialog delegitimiert, handelt nicht im nationalen Interesse, sondern parteipolitisch."
Er brauche keine Ratschläge in puncto Vaterlandsliebe.
Am Ende seines Posts gestattete sich Frohnmaier noch ein Trolling gegenüber dem Hardliner Kiesewetter und seinen Gesinnungsgenossen:
"Ich lade Herrn Kiesewetter und die fleißigen Kommentatoren seiner Partei ein, mich zu begleiten – das wäre doch mal ein guter Anfang für Gespräche" – wohlwissend, dass dieses Angebot für Kiesewetter nie infrage kommen dürfte.
Mehr zum Thema - Wieder auf dem Weg zum Notstand? Kiesewetter fordert Spannungsfall