Kritik vom SPD-Koalitionspartner und Boykottaufrufe der CDU: Das ist das Resultat der Einladung des russischen Botschafters Sergei Netschajew durch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zur Eröffnung seiner Ausstellung "Krieg und Frieden" im Brandenburger Landtag. Dort werden ab Dienstag Werke der Künstler Hans und Lea Grundig gezeigt, die von den Nazis verfolgt wurden.
Neben dem russischen Botschafter haben laut dem BSW auch die Botschafter Weißrusslands und Ungarns zur Vernissage am Dienstag bereits zugesagt. Der BSW-Fraktionsvorsitzende Niels-Olaf Lüders sagte dazu:
"Wir wollen mit der Ausstellung einen Friedensappell aussenden."
Als "Signal der Völkerverständigung und des Dialogs" habe man zahlreiche Botschafter eingeladen, darunter auch die diplomatischen Vertreter der Ukraine und der USA. "Man muss ja mit den Kriegsparteien in Kontakt treten", rechtfertigte Lüders gegenüber Kritikern die Einladung Netschajews. Sonst könne man sich nicht für Frieden einsetzen, so der BSW-Politiker.
Zu den Kritikern zählen auch die Sozialdemokraten, die mit Unverständnis auf die Aktivitäten ihres Koalitionspartners reagierten:
"Als SPD-Fraktion kämen wir derzeit nicht auf die Idee, Russlands Botschafter einzuladen",
sagte der Fraktionsvorsitzende Björn Lüttmann. "Der Krieg Russlands gegen die Ukraine sowie die vermuteten gegenwärtigen Verletzungen europäischen Luftraums schließen das für uns aus", fügte Lüttmann hinzu. Darüber hinaus sei die Ausstellungseröffnung eine Angelegenheit der BSW-Fraktion, die er nicht weiter kommentieren wolle. BSW und SPD regieren seit Dezember letzten Jahres gemeinsam in Brandenburg.
Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke betonte, dass die Fraktionen eigenständig über ihre Gäste entschieden. "Die Einladung des Botschafters der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland, Sergei Netschajew, durch das BSW ist keine offizielle Einladung in den Landtag Brandenburg", so die SPD-Politikerin.
Seit Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine laden weder die Bundesregierung noch Landesregierungen den russischen Botschafter zu offiziellen und feierlichen Anlässen ein. Dass sich das BSW daran nicht halten will, sorgt vor allem in der CDU für erhitzte Gemüter, die zum Boykott der Ausstellung aufruft:
"Wer den russischen Kriegstreibern eine Bühne bietet, hat mit Frieden nichts am Hut",
sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann. Russland sei mit seinem "grausamen Krieg" für den Tod Hunderttausender Menschen verantwortlich. Sodann bemühte Redmann die übliche Gräuelpropaganda, laut der Russland Kinder verschleppe und Krankenhäuser bombardiere. Für das BSW bedeute "Frieden" in Wahrheit den Sieg Russlands, behauptete der CDU-Mann, der deshalb "nur jedem raten" könne, "der Veranstaltung des BSW fernzubleiben".
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