"Bevölkerung muss mehr aufwenden" - Merz kündigt höhere Kosten für Rente und Gesundheit an

In seiner Rede am Tag der Deutschen Einheit rief Bundeskanzler Merz die Bürger zu mehr "Anstrengungen" auf. Nun heißt es konkret: Für Gesundheit, Rente und Pflege müssen sie tiefer in die Tasche greifen.

Angesichts der Finanznot der Sozialsysteme hat Bundeskanzler Friedrich Merz die Bürger auf höhere Kosten eingestimmt. "Unsere Bevölkerung wird für Rente, für Altersversorgung, für die Gesundheit und für die Pflege in Zukunft mehr vom verfügbaren Einkommen aufwenden müssen", sagte Merz am Abend in der ARD-Sendung "Caren Miosga". Dabei müsse es aber "gerecht zugehen", betonte der CDU-Chef. "Die Bevölkerung muss das Gefühl haben, dass alle daran mitwirken."

Die anstehenden Reformen müssten "nicht zwingend mit höheren Beiträgen verbunden sein", sagte Merz weiter. Eine Möglichkeit könne etwa sein, "dass wir den Menschen abverlangen, für ihre private Altersversorgung mehr zu tun als heute". Merz fügte hinzu:

"Persönlich bin ich ein Befürworter eines Pflichtbeitrags in eine private kapitalgedeckte Altersversorgung."

Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters über 67 Jahre hinaus lehnte Merz ab. Stattdessen müsse versucht werden, die gesamte Arbeitszeit im Laufe des Lebens der Bürgerinnen und Bürger zu steigern. Auch gegen die Streichung eines Feiertags sprach sich der Kanzler in der ARD-Sendung aus.

Merz sagte zudem, dass Union und SPD in der Koalition "sehr nah" an einer Einigung auf die vereinbarte Bürgergeldreform seien. Es müssten nun noch "zwei, drei Punkte" abschließend geklärt werden. Die Sozialleistung werde auf jeden Fall einen neuen Namen bekommen. "Das Wort Bürgergeld wird nicht mehr da sein", sagte Merz. Das Gesetz zu der Reform werde den Namen "Grundsicherungsgesetz" tragen.

Bei der Reform wird es nach Angaben des Kanzlers unter anderem auch um das Thema Schonvermögen gehen und um die Frage, wie mit Bürgergeldempfängern umzugehen sei, die die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter verweigerten. Seine persönliche Ansicht dazu sei, solchen Verweigerern zu sagen:

"Wenn Ihr euch nicht dran haltet, dann vermuten wir, dass Ihr unsere Hilfe nicht braucht."

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kündigte Einsparungen beim Bürgergeld in Milliardenhöhe an. "Es sind sehr viele Milliarden, da bin ich mir ganz sicher", sagte Linnemann am Abend im ZDF. Die schwarz-rote Bundesregierung werde dafür sorgen, dass nicht Menschen das Bürgergeld erhielten, die das System ausnutzen wollten. "Dann werden wir Milliarden Euro einsparen", sagte er mehrfach, wollte aber auf Nachfrage keine konkrete Zahl nennen.

Zwischen Union und SPD hatte es vor allem eine Diskussion über die Höhe der möglichen Einsparungen beim Bürgergeld gegeben. Im Wahlkampf hatte CDU-Chef Merz noch von einem zweistelligen Milliardenbetrag geredet, dies aber später als Kanzler deutlich nach unten korrigiert. Die SPD hält große Einsparungen für unrealistisch. Am Mittwoch findet der nächste Koalitionsausschuss im schwarz-roten Bündnis statt. Auch Bärbel Bas, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, hatte am 29. September davon gesprochen, dass man Vorschläge der Bürgergeld-Reform in den kommenden zwei Wochen vorlegen wolle.

Zuvor hatte der Bundeskanzler in seiner Rede am Tag der Deutschen Einheit in Saarbrücken Einschnitte beim Sozialstaat angekündigt. Er versicherte, dass die Regierung sich bemühe, "die sozialen Versprechen, die wir uns ja gegeben haben", auch künftig erfüllen zu können. Aber in dieser Frage müsse ein neuer Konsens der Gerechtigkeit her, mahnte er im Hinblick auf die demografische Lage des Landes.

"Es geht darum, dass wir die Lasten auch zwischen den Generationen so verteilen, dass unser Sozialstaat auch zukünftig funktioniert", sagte Merz. Die geplanten Einschnitte nannte er "Reformen", die "unabdingbar" seien. Der Sozialstaat müsse aber in seinem "Kern" erhalten bleiben für diejenigen, "die ihn wirklich brauchen". Damit sprach der Bundeskanzler offenbar den möglichen Wegfall einiger Leistungen bei der Pflegeversicherung an – das Thema kam zuletzt in den Medien vor.

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