Merkel bezeichnet AfD als "menschenverachtende Partei"

Altkanzlerin Merkel hat die AfD als "menschenverachtend" kritisiert und ihr vorgeworfen, Hass, Neid und Rassismus zu verbreiten sowie die Gesellschaft in Eliten und Volk zu spalten. Unzufriedenheit sei kein Grund, die Partei zu wählen. Sie mahnt zur Regulierung sozialer Medien und räumt ein, dass ihre Flüchtlingspolitik 2015 den Aufstieg der AfD begünstigt habe.

Altkanzlerin Angela Merkel hat die AfD in einem aktuellen ZDF-Interview als "menschenverachtende Partei" bezeichnet. Die CDU-Politikerin warf der Partei vor, nach ihrer Gründung während der Eurokrise zunächst aus der Öffentlichkeit verschwunden zu sein, ab Herbst 2014 jedoch an die Pegida-Bewegung angeknüpft und dabei Neid, Hass und Rassismus verbreitet zu haben. Merkel betonte, dass Unzufriedenheit und das Gefühl fehlender Entwicklungsmöglichkeiten, insbesondere in ländlichen Regionen, kein Grund seien, eine solche Partei zu wählen.

Die AfD teile die Gesellschaft in Eliten und Volk und definiere, wer zum Volk gehöre. Dies verstoße gegen das Grundgesetz: 

"Das ist einfach gegen das Grundgesetz. Dort steht: Alle Macht geht vom Volk aus und das Volk sind alle deutschen Staatsbürger."

Populistische Bewegungen seien jedoch nicht auf die neuen Bundesländer beschränkt, sondern auch in den alten Bundesländern sowie in vielen europäischen Ländern und in den USA unter Donald Trump präsent.

Merkel äußerte zudem Besorgnis über die Rolle sozialer Medien, in denen radikale Botschaften oft die größte Aufmerksamkeit erhielten. Sie unterstrich die Notwendigkeit, zwischen Fakten und Emotionen zu unterscheiden und digitale Medien stärker zu regulieren.

In Bezug auf ihre Flüchtlingspolitik erinnerte Merkel an die Aufnahme Hunderttausender Geflüchteter im Jahr 2015. Angesichts der Migrantenströme über Ungarn und Österreich hatte die damalige Kanzlerin entschieden, die deutschen Grenzen offen zu halten, begleitet von dem umstrittenen Satz:

"Wir schaffen das."

Merkel räumte ein, dass diese Entscheidung zum Aufstieg der AfD beigetragen habe.

Mit Blick auf den 35. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung bezeichnete Merkel die Wiedervereinigung als "großen Glücksfall". Sie äußerte zugleich Kritik an der Auswahl der Gäste für die zentralen Feierlichkeiten im Saarland: Zwar schätze sie den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, sie hätte aber einen Redner aus Ostdeutschland oder Osteuropa als symbolische Geste begrüßt. Merkel reflektierte ihre eigene ostdeutsche Sozialisation und rief dazu auf, unterschiedliche Lebensgeschichten als individuelle Leistung anzuerkennen.

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