Landesarbeitsgericht urteilt gegen Ulrike Guerot: Kündigung rechtens

Sie gilt schon als Beispiel dafür, wie wenig selbst eine lange Karriere mit konformen Positionen nützt, sobald an wichtigen Punkten abgewichen wird: Ulrike Guérot ist mit Widerspruch während Corona abrupt in Ungnade gefallen. Das juristische Nachspiel ging durch die nächste Instanz.

Die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot hat das Berufungsverfahren am Landesarbeitsgericht Köln verloren. Die Universität Bonn, an der sie seit 2021 die Professur für Europapolitik innehatte, hatte ihr im Februar 2023 gekündigt. Guérot, die aus Altersgründen nicht verbeamtet wurde (sie ist Jahrgang 1964), legte gegen diese Kündigung Kündigungsschutzklage ein, verlor aber vor dem Arbeitsgericht Bonn. Nun wurde das Urteil im Berufungsverfahren veröffentlicht, allerdings noch ohne schriftliche Urteilsbegründung.

Der Grund für die Kündigung waren Plagiatsvorwürfe, die sich auf ein Buch bezogen, das Guérot als Teil ihrer Bewerbung um diese Professur eingereicht hatte. Weil darin an mehreren Stellen nicht gekennzeichnete Passagen stünden, hätte sie mit der Vorlage dieses Buches gegen die seitens des Bundeslands NRW und der Universität Bonn festgelegten Mindestanforderungen an wissenschaftliche Arbeit verstoßen und damit in ihrer Bewerbung falsche Angaben gemacht.

"Verstöße gegen diese Standards, wie sie der Klägerin vorzuwerfen seien, wögen schwer und rechtfertigten die Kündigung – auch ohne vorherige Abmahnung."

Allerdings handelt es sich bei diesem Buch nicht um die eine Habilitationsschrift, sondern um eine Veröffentlichung neben vielen anderen, Aufsätzen wie auch Büchern, das explizit als populärwissenschaftliches Werk gekennzeichnet wurde und nur Teil eines Gesamtpakets ist, das an die Stelle einer Habilitationsschrift getreten ist. Wobei sich dann durchaus die Frage stellen könnte, wie relevant dieses eine Buch sein kann, wenn die als wissenschaftlich gekennzeichneten Teile dieses Pakets alle Anforderungen erfüllen. Aber ob sich das Landesarbeitsgericht Bonn überhaupt mit dieser Frage auseinandergesetzt hat, wird erst die schriftliche Begründung verraten.

Guérot war über viele Jahre hinweg eine bekannte Vertreterin der herrschenden Meinung, von der Mitgliedschaft im RCDS, der Studentenorganisation der CDU, über Mitarbeit beim German Marshall Fund oder der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und beim European Council on Foreign Relations. Von 2016 bis zu ihrer Berufung nach Bonn hatte sie eine Professur an der Universität für Weiterbildung Krems. Sie war insbesondere für ihr Eintreten für eine stärkere politische Integration Europas bekannt. Ihre Kritik an den Corona-Maßnahmen und auch ihre Ablehnung der deutschen Position in Bezug auf den Ukraine-Konflikt sorgten aber dafür, dass sie in der Folge mit dem Adjektiv "umstritten" gekennzeichnet wurde.

Ihr Anwalt sieht darin, und nicht in dem im Bewerbungsverfahren vorgelegten Buch, den Hauptgrund für die Kündigung. "Bisher gehe ich davon aus, dass weniger rechtliche als politische Gründe ausschlaggebend für die Entscheidung des LAG Köln waren", sagte er. Dass die Urteilsbegründung zu dem Verfahren, dessen mündliche Verhandlung bereits im Mai und Juni dieses Jahres stattgefunden hatte, sei ein "klarer Verstoß gegen die prozessualen Pflichten". Man könne nicht "von einer rechtlich nachvollziehbaren Kündigungsentscheidung sprechen".

In der ersten Instanz hatte die Universität ein Vergleichsangebot gemacht, dafür aber Stillschweigen eingefordert, worauf Guérot nicht eingegangen war. Damals hatte sie erklärt, sie könne sich eine Annahme des Vergleichs nur vorstellen, wenn die Universität den Vorwurf des Plagiats zurücknehme. In der zweiten Instanz folgte nun, trotz eines zwischenzeitlich vom Gericht gemachten – nach Aussage des Verteidigers sehr hohen – Vorschlags einer Abfindung, ein Urteil gegen Guérot. Als weiterer rechtlicher Schritt ist jetzt nur noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht möglich. Darüber wird Guérot erst nach Zugang der Begründung entscheiden.

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