Laut einem Bericht des Stern plant Sepp Müller, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ehemalige Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR in die Bundeswehr zu holen.
NVA, "Heimatschützer" und das Grundgesetz
Aufgrund des vermeintlichen Personalmangels in der Bundeswehr schlug der CDU-Politiker vor, dass sie künftig als Reservisten eingesetzt werden könnten, wenn sie das möchten. Er sagte konkret:
"Es wird Zeit, auf die Soldatinnen und Soldaten der NVA zurückzugreifen, die sich freiwillig zum Schutz unserer Freiheit melden"
Er wünsche sich Extrakurse für eine Ausbildung zum "Heimatschützer", die berücksichtigen sollten, dass die Ex-NVA-Soldaten bereits wehrpflichtig waren. Am Ende stünde das Gelöbnis auf das Grundgesetz. "Schon lange nicht mehr war unsere Freiheit so bedroht wie aktuell", betonte Müller, ohne dies konkreter auszuführen.
Bislang können ehemalige NVA-Angehörige nicht als Reservisten herangezogen werden, es sei denn, sie wurden nach der Wiedervereinigung direkt in der Bundeswehr weiterbeschäftigt. Damals betraf das 18.000 der mehr als 170.000 NVA-Soldaten. Festgelegt wurde die Regelung im sogenannten Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR.
Keinen Bock auf Kriegsdienst?
Die Bundeswehr benötigt laut eigenen Planungen 200.000 Reservisten, die im Verteidigungsfall schnell einsatzbereit sind. "Aktuell gibt es aber nur 51.000 Reservisten", so Müller.
Parallel ist die Zahl der Kriegsdienstverweigerer in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Wie Bundesfamilienministerin Karin Prien dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" mitteilte, gab es allein in der ersten Jahreshälfte rund 1.500 Anträge. Im gesamten Vorjahr seien es gut 2.200 Anträge gewesen. Die Verweigerer wollen sicherstellen, dass sie in Zukunft nicht gemustert oder eingezogen werden.
Gemischte Reaktionen: "Das kommt 35 Jahre zu spät!"
Die Reaktionen auf Müllers Idee sind eher skeptisch – auch aus den Reihen der eigenen Regierungskoalition. "Es ist grundsätzlich gut, wenn sich alle darüber Gedanken machen, wie wir den Ausbau der Reserve voranbringen", sagte die SPD-Fraktionsvize und Verteidigungsexpertin Siemtje Möller. Sie mahne jedoch an, die Aufmerksamkeit eher auf aktuelle und künftige Wehrdienstleistende zu richten, wie die Berliner Zeitung berichtet. Den Aufschlag zur Vergrößerung der Bundeswehr sieht sie bei Boris Pistorius: "Mit Freude und Spannung" sehe sie Vorschlägen des Verteidigungsministeriums zur Stärkung der Reserve entgegen, erklärte die SPD-Politikerin, die früher selbst parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium war.
Die Grünen sehen den Vorstoß kritisch. Der Vorschlag "offenbart, wie wenig die Union die aktuellen Herausforderungen bei der Truppe kennt", sagte die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. Das Problem sei nicht, dass es zu wenig interessierte Reservisten gebe, "sondern dass die Bundeswehr nicht genügend Kapazitäten hat, die vielen Interessierten – gedient und ungedient – zu absorbieren", erklärte die Grünen-Politikerin.
Ebenfalls kritisch äußerte sich der Verband zur Pflege der Tradition der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR, allerdings aus einer ganz anderen Warte als die Grünen: "Auf die Idee hätten sie mal 35 Jahre früher kommen sollen", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Harald Neubauer, dem Magazin. Bislang seien ehemalige NVA-Soldaten als "gedient in fremden Streitkräften" erfasst worden. Kürzlich hatte bereits der Linkenpolitiker Dietmar Bartsch dafür plädiert, den Umgang mit den NVA-Angehörigen zu überdenken.
Ende August hatte die Bundesregierung einen freiwilligen Wehrdienst beschlossen. Für den Fall, dass sich nicht genug Freiwillige melden, wird auch eine Rückkehr zur Wehrpflicht diskutiert – eine Option, die mit dem Säbelrasseln der Groko unter Friedrich Merz mit Blick auf Russland jeden Tag wahrscheinlicher zu werden droht.
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