"Antideutsche Schmiereien"– AfD-Abgeordneter fordert Entfernung russischer Inschriften am Reichstag

Wie die Wochenzeitschrift "Junge Freiheit" diese Woche berichtete, fordert der schleswig-holsteinische AfD-Bundestagsabgeordnete Gereon Bollmann, dass die sowjetischen Inschriften im Deutschen Bundestag entfernt werden.

Die Inschriften der Roten Armee an den Wänden des Reichstags sollen nach Auffassung des AfD-Abgeordneten Gereon Bollmann entfernt werden. Kein anderes europäisches Parlament dulde vergleichbare Inschriften einer Besatzungsmacht in seinen Gebäuden, argumentierte er in einem Gespräch mit der Wochenzeitung Junge Freiheit. Aus seiner Sicht handelt es sich um "antideutsche Schmierereien". "Das Bundestagsgebäude ist das Herz unserer Demokratie. Es darf nicht zur Bühne für Parolen und Symbole einer früheren Besatzungsmacht werden", so Bollmann. Er schlägt vor, einzelne Schriftzüge zu archivieren oder, falls gewünscht, an Russland zu übergeben.

Bollmanns Forderung erinnert an eine Debatte, die der Bundestag bereits vor über zwanzig Jahren geführt hatte. Im Jahr 2001 legte die CDU/CSU-Fraktion einen Antrag vor, die Graffiti nur noch "in historisch gerechtfertigtem Umfang" zu zeigen. Sein erneuter Versuch, die Entfernung durchzusetzen, ist als Kooperationsangebot an CDU/CSU zu werten: "Heute strecken wir die Hand aus, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen", so Gereon Bollmann gegenüber der JF.

Es sieht nicht so aus, als ob die Bundestagsverwaltung dem Wunsch des früheren Verwaltungsrichters Bollmann nach Entfernung der Inschriften nachkommen wolle. Auf Anfrage der JF erklärte sie die sowjetischen Graffiti zu einem "Zeitdokument", das zur Architektur des Reichstagsgebäudes gehöre und zur "Auseinandersetzung mit der Vergangenheit" anrege. Weiter wollte sich die Pressestelle des Bundestages nicht äußern.

Die siegreichen Rotarmisten hatten sich nach der Eroberung der Reichshauptstadt Berlin 1945 an den Wänden und Säulen des deutschen Parlamentsgebäudes verewigt. Jahrzehntelang blieben die Graffiti in kyrillischer Schrift und russischer Sprache durch Putz verdeckt und damit konserviert, bis sie bei der Restaurierung des Reichstags durch den britischen Stararchitekten Sir Norman Foster in den 90er Jahren wiederentdeckt wurden.

Die Inschriften wurden daraufhin dem Publikum zugänglich gemacht; nur einige wenige allzu drastische Obszönitäten und die Inschrift "Tod den Deutschen" sollen mit dem Einverständnis der Botschaft der Russischen Föderation entfernt worden sein. Der Wortlaut der deftigen Sprüche ist kaum überliefert. Der damaligen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth soll Medienberichten zufolge beispielsweise der ordinäre Spruch "Einen Scheiß kriegt ihr Faschisten, nicht aber Russland" ins Auge gefallen sein.

Die meisten Inschriften sind jedoch nicht ordinär. Häufig beginnen sie mit "здесь был" (hier war) und enden mit einem russischen Personennamen. Auch die militärische Einheit oder die Stationen, die die sowjetischen Soldaten auf ihrem Weg aus der Heimat Richtung Berlin zurückgelegt haben, werden genannt.

Wieder andere Schreiber verfluchten Hitler oder schrieben glücklich darüber, dass für sie der Krieg fast zu Ende war und sie den Faschismus besiegt hatten: "Ein Traum wurde wahr." Wieder andere zogen angesichts des zerstörten Berlins das Fazit: "Was du säst, wirst du ernten." Oder einfach, froh und erleichtert, der schriftliche Stoßseufzer: "Woina kaputt!" Auch einen Verweis auf den Völkermord an den Leningradern gibt es: "Für Leningrad haben sie voll bezahlt."

Geradezu rührend mutet das weltweit gebräuchliche Liebessymbol eines mit einem Pfeil durchstoßenen Herzens an. Auch die Namen des Liebespaares haben sich erhalten: Galina und Anatoli. Offenbar haben sie eine Familie gegründet, denn ein Bild des Graffito soll – so die Autorin Karin Felix – bei der Urgroßenkelin in Russland hängen.

Bollmanns Vorstoß fällt in eine Zeit, in der sich zumindest Teile der AfD stärker von Russland abgrenzen wollen. Erst diesen Montag hatte AfD-Fraktionschefin und Parteivorsitzende Alice Weidel den russischen Präsidenten Putin ermahnt, sich deeskalierend zu verhalten (RT DE berichtete). Anlass waren die Vorwürfe gegenüber Russland, dass es wiederholt NATO-Luftraum verletzt habe.

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