Krach in Mecklenburg-Vorpommern: West-Minister befördert West-Polizisten

Ausgerechnet die Polizei ist in Mecklenburg-Vorpommern derzeit Gegenstand einer heftigen politischen Auseinandersetzung. Ein Beamter mit SPD-Parteibuch wurde ungewöhnlich schnell befördert. Ein West-Polizist, von einem West-Minister.

Seit einigen Tagen gärt es in Mecklenburg-Vorpommern wegen einer Beförderung in der Polizei. Sie wurde sogar bereits Thema im Landtag des Bundeslandes. Gegenstand der Auseinandersetzung: Andreas Walus, Jahrgang 1983, gebürtiger Hamburger und promovierter Jurist, der zum leitenden Polizeidirektor befördert wurde.

"Die Führung der Landespolizei rebelliert gegen die politische Führung, das wird zu einem Problem für unsere Sicherheitsarchitektur unseres Landes", erklärte der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, Daniel Peters, und forderte den Rücktritt von Innenminister Christian Pegel und seinem Staatssekretär Wolfgang Schmülling, die die Beförderung zu verantworten hätten.

Dabei ist nicht gesichert, dass Christian Pegel überhaupt von der Beförderung wusste. Der weilte nämlich zu diesem Zeitpunkt auf Auslandsreise in den Vereinigten Staaten. Andererseits – genau das könnte auch Absicht gewesen sein, um die bekannte "glaubwürdige Abstreitbarkeit" zu sichern.

Walus wurde, das steht fest, innerhalb eines einzigen Jahres zum zweiten Mal befördert und befindet sich nun mit nur 42 Jahren bereits am Ende der regulären Beamtenkarriere: Alle Posten oberhalb des leitenden Direktors sind bereits politisch besetzte Positionen.

Schmülling, so der Vorwurf, habe Walus so schnell befördert, weil Walus ein SPD-Parteibuch besitze. Tatsächlich war Walus Kreisvorsitzender in Wismar, und ist immer noch Ortsvereinsvorstand in Mecklenburg-Neuburg-Poel. Auf der dortigen Webseite erklärt er seine Mitgliedschaft:

"Ich engagiere mich in der SPD, weil mir ein gerechtes Land wichtig ist. Jeder sollte die gleichen Chancen in Deutschland haben. Das fängt schon bei der Bildung an. Ohne die SPD würde es zum Beispiel keine Kita-Beitragsfreiheit und kein BAföG geben. Außerdem sind mir sichere Arbeitsplätze, gute Löhne und eine starke Wirtschaft wichtig."

Seine Polizeikarriere begann er als Leiter des Polizeihauptreviers in Wismar. Von dort ließ er sich 2018 versetzen, als er dort zum Kreisvorsitzenden in Nordwestmecklenburg gewählt wurde. Derzeit leitet er das Landesamt der Polizei für zentrale Aufgaben, Brand- und Katastrophenschutz. Auch das könnte in der Affäre eine Rolle spielen.

Schmülling, der SPD-Staatssekretär im Innenministerium, hatte sogar die Leistungsbewertung von Walus verbessert, ein Akt, der in der Polizei besonderen Unmut auslöst, weil dafür sonst nur der unmittelbare Vorgesetzte zuständig ist. Der Chef der Bereitschaftspolizei, der Rostocker Michael Ebert, ist besonders erzürnt: "Als ich nach 30 Jahren Leitender Polizeidirektor wurde, da war ich sehr stolz darauf. Mit der jetzigen Entscheidung der Hausleitung des Innenministeriums hat dieser Dienstgrad für mich seinen Wert verloren."

Auch die Polizeigewerkschaften reagierten scharf. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) erklärte: "Diese Beförderung ist nicht mehr ein Thema, das nur die Führungskräfte der Landespolizei bewegt. Die gesamte Beförderungsauswahl im Land Mecklenburg-Vorpommern steht in Frage." Die Konkurrenzorganisation Deutsche Polizeigewerkschaft sieht das ähnlich. Deren Landesvorsitzender meinte: "Eine Parteikarriere darf es im Berufsbeamtentum nicht mehr geben. Diese Praxis sollte seit 1990 endgültig der Vergangenheit angehören".

Allerdings gibt es bei dieser Beförderung noch andere Aspekte. Der erste: Alle Beteiligten der Affäre sind nicht nur SPD-Mitglieder, sie stammen auch alle drei aus dem Westen. Innenminister Pegel und der beförderte Walus kommen aus Hamburg, Staatssekretär Schmülling aus dem Ruhrgebiet. Michael Ebert hingegen, der Bereitschaftspolizeichef, ist in Anklam geboren und begann seine Polizeikarriere noch in der DDR. Ebert hatte 2022 als Rostocker Bürgermeister kandidiert und 2025 für die CDU für den Bundestag. Nach wie vor sind Führungspositionen in den fünf "neuen" Bundesländern weit überwiegend mit Westpersonal besetzt; im Hintergrund könnte auch diese Frage eine Rolle spielen.

Außerdem zeigt sich, auch das wird im Vergleich zwischen Ebert und Walus sichtbar, dass die Polizei Mecklenburg-Vorpommern unter einem alten Konflikt leidet, zwischen jenen Polizeibeamten, die aus dem gehobenen in den höheren Dienst aufgestiegen sind (wodurch Ebert auf die 30 Jahre kam), und jenen, vor allem Juristen, die im höheren Dienst einsteigen. Zwischen diesen beiden Gruppen gibt es traditionell Reibungen.

Es könnte allerdings noch einen weiteren Grund geben. Walus hat sich als Jurist auf ein sehr spezifisches Thema spezialisiert, wie die Liste seiner Veröffentlichungen zeigt, die die Humboldt-Universität Berlin bietet: Katastrophen- und Zivilschutz und Terrorismus, bis zu der "Verteidigungs- und Zivilschutzkompetenz des Bundes bei auswärtigen Cyberangriffen gegen kritische Infrastrukturen" oder "Rechtskonflikte der Triage und ihre Lösung". Genau der richtige Mann, um die – völkerrechtlich heiklen – NATO-Pläne bei Aufrüstung und ziviler Kriegsvorbereitung in Mecklenburg-Vorpommern juristisch zu flankieren. Wofür man ihn sozusagen vorab bis an die Schwelle der politischen Positionen befördern musste.

Vorerst dürfte diese Angelegenheit jedenfalls weiterhin Unmut hervorrufen. 

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