"Nationaler Sicherheitsrat" gebildet – Kanzler Merz übernimmt Vorsitz

Das Kanzleramt informiert über die Einrichtung eines sogenannten "Nationalen Sicherheitsrats". Den Vorsitz des neuen Gremiums übernimmt der Kanzler persönlich. Ziel sei die Koordinierung und Verbesserung der Außen- und Sicherheitspolitik angesichts einer "Verschärfung der Sicherheitslage".

Die schwarz-rote Koalition hat Medienberichten zufolge angekündigt, sich "besser für künftige Krisenfälle rüsten – und dazu einen Nationalen Sicherheitsrat für die Außen- und Sicherheitspolitik schaffen" zu wollen, berichtet die ARD-Tagesschau. Der Nationale Sicherheitsrat (NSR) soll im Kanzleramt angesiedelt sein und auch dort organisiert werden. Die dafür notwendige "Geschäftsordnung zur Abstimmung" sei laut einem Artikel der FAZ bereits an die Ministerien übermittelt worden (Bezahlschranke).

Den NSR-Vorsitz wird nach Angaben des stellvertretenden Regierungssprechers Sebastian Hille der Bundeskanzler persönlich innehaben. Geplant seien 13 Stellen, organisiert in drei Referaten. In einem Arbeitspapier zur Sicherheitspolitik hieß es im Mai dieses Jahres, die Bundesregierung benötige angesichts der internationalen politischen Entwicklungen eine neue "Strategie mit Logik". Der Arbeitstitel lautete wörtlich: "Eine neue Nationale Sicherheitsstrategie braucht eine Theory of Success (Erfolgstheorie)".

Die FAZ berichtet zu den Plänen aus dem Kanzleramt:

"Am 27. August soll das Kabinett in seiner Sitzung, ausnahmsweise in einem abhörsicheren Raum im Bundesverteidigungsministerium, die Geschäftsordnung und damit die Einrichtung des Rates beschließen. Am 28. August soll sie in Kraft treten und die Geschäftsordnung des bisherigen Bundes­sicherheitsrates … zugleich außer Kraft [treten]. Etwa alle zwei Monate dürfte der NSR zu regulären Sitzungen zusammenkommen, und in Krisenfällen kann er kurzfristig einberufen werden. Jeder Minister, der Mitglied ist, kann eine solche Sitzung beantragen, der Vorsitz muss entscheiden."

In dem Tagesschau-Artikel wird zudem erläutert, dass sich bisher der sogenannte Bundessicherheitsrat "zuletzt hauptsächlich mit Rüstungsexporten beschäftigt" hatte. Demgegenüber wurde das verantwortliche Sicherheitskabinett einer Bundesregierung nur in "besonderen Krisensituationen einberufen". Beide Gremien würden nun laut den Plänen des Kanzleramts im neu geschaffenen Nationalen Sicherheitsrat aufgehen. Der Haushaltsausschuss habe "deshalb erst einmal den Weg für 13 zusätzliche Stellen im Kanzleramt freigemacht".

Zum vorangegangenen Planungsverlauf schildert der FAZ-Artikel.

"Auch in Deutschland wird die Idee für einen Sicherheitsrat schon seit Jahrzehnten diskutiert. Unter Olaf Scholz war in der Ampelkoalition konkret über eine Ein­richtung gerungen worden. Es ging darum, ob man beim Schreiben der ersten Nationalen Sicherheitsstrategie nicht auch den Sicherheitsrat aufnehmen sollte. Gerungen haben vor allem das Kanzleramt und das Außenministerium unter Annalena Baerbock miteinander, wie der Rat aussehen und welche Kompetenzen er erhalten sollte."

Die "Bundesakademie für Sicherheitspolitik" veröffentlichte vor wenigen Wochen ein Arbeitspapier 5/2025 mit dem Titel: 

"Strategie mit Logik: Eine neue Nationale Sicherheitsstrategie braucht eine Theory of Success."

In der Einleitung des Papiers heißt es:

"Deutschland hat seit zwei Jahren erstmals eine Nationale Sicherheitsstrategie. Das Dokument markiert einen Fortschritt in der deutschen Sicherheitspolitik, doch ein kritischer Blick offenbart auch Unzulänglichkeiten. So mangelt es dem Dokument erstens an einer klaren strategischen Logik: einer theory of success. Ohne diese besteht nicht nur die Gefahr, dass Mittel ineffektiv eingesetzt werden, sondern auch, dass nur im Rahmen bereits existierender Mittel gedacht wird." 

"Die Bundesregierung weiß, dass die verschärfte Bedrohungslage neue Wege in der Sicherheitspolitik erfordert", sagte Kanzleramtschef Frei auf eine Anfrage der FAZ. Der Nationale Sicherheitsrat sei daher ein Projekt "der gesamten Bundesregierung" gewesen. Er fügte hinzu:

"In diesem Geiste seien die Vorarbeiten innerhalb der Bundesregierung von Ernsthaftigkeit und Gemeinsinn geprägt gewesen."

Claudia Major, die als "Sicherheitspolitik-Expertin und Senior Vice President beim German Marshall Fund" regelmäßig in der ARD und beim ZDF zu Gast ist, erklärte dazu gegenüber der FAZ, dass es generell notwendig sei, "die Ministerien aus ihrem Silodenken herauszubekommen". Weiter sagte sie:

"Das Ziel eines gemeinsamen Lagebilds und der strategischen Vorausschau ist hervorragend und dringend notwendig. Und der Sicherheitsrat muss in den ersten Monaten beweisen, dass er wirklich ein überzeugendes Produkt liefern kann für die Bundesregierung, das die verschiedenen Perspekti­ven integriert."

"Dafür allerdings", so die FAZ, "wie auch für die sonstige Arbeit des NSR", müssten sich die Ministerien an Absatz 3 des ersten Paragrafen halten. Dieser lautet:

"Die Mitglieder der Bundesregierung haben den Nationalen Sicher­heitsrat über die Planung und Durchfüh­rung der Maßnahmen von besonderer Bedeutung auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik laufend zu unterrichten. Sie stellen dem Nationalen Sicherheitsrat alle zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen zur Verfügung."

Die Sitzungen des NSR sind laut dem SPD-nahen RND "grundsätzlich geheim". In Ausnahmefällen sollen Beschlüsse des Rates und Lagebilder jedoch veröffentlicht werden. SPD und Union hätten sich in ihrem Koalitionsvertrag zudem "auf die Einrichtung eines Bund-, Länder- und ressortübergreifenden Krisenstabs und eines Nationalen Lagezentrums im Kanzleramt geeinigt". Gemeinsam mit dem nun angekündigten Nationalen Sicherheitsrat "sollen diese Institutionen zur neuen Trias der deutschen Sicherheitspolitik werden".

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