Das Mainzer Biotech-Unternehmen des mehrfach ausgezeichneten Ehepaars Uğur Şahin und Özlem Türeci gibt eine erneute milliardenschwere Investition bekannt. Nach strategischer Übernahme des US-Unternehmens Bristol Myers Squibb (BMS), für kommende, geplante mRNA-basierte Krebstherapeutika, wird nun als deutscher Markt-Monopolist ein einstiger Konkurrent aus den Jahren der "Corona-Krise" kurzerhand übernommen. Laut Medien entstehe damit ein "Biotech-Champion". Die Pressemitteilung erklärt, dass die "strategische Transaktion zur Übernahme von Curevac im Rahmen eines öffentlichen Umtauschangebots" bei zuständigen Behörden beantragt worden sei.
Im September 2020 gaben das Bundesforschungsministerium und das Bundesgesundheitsministerium (BMG), unter Leitung von Jens Spahn (CDU), bekannt, das die Bundesregierung, also die Steuerzahler, die "Impfstoffentwickler BioNTech aus Mainz mit 375 Millionen Euro sowie Curevac aus Tübingen mit 230 Millionen Euro aus dem Sonderprogramm Impfstoffentwicklung" finanziell unterstützen. Rund ein Jahr später bestätigte die Bundesregierung auf Anfrage der FDP, dass "der Bund an der Curevac N.V. einen Anteil von 16,0 Prozent hält", also Anteilseigner ist.
Wenige Monate zuvor, im Juni 2021, überprüfte die Finanzaufsicht BaFin den Kurssturz der Curevac-Aktie "auf mögliche Verdachtsmomente einer Marktmanipulation" (RT DE berichtete). Im Juli 2022 reichte wiederum Curevac Klage gegen die unmittelbare Mainzer Konkurrenz BioNTech und zwei Tochtergesellschaften des Unternehmens ein. Konkret ging es um den Verdacht von Patentrechtsverletzungen in Bezug auf den "Corona-Impfstoff" Comirnaty von BioNTech (RT DE berichtete). In einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 12. Juni heißt es nun final seitens Curevac:
"BioNTech SE (Nasdaq: BNTX, 'BioNTech') und Curevac N.V. (Nasdaq: CVAC, 'CureVac') gaben heute den Abschluss eines bindenden Kaufvertrags (definitive Purchase Agreement) bekannt, im Rahmen dessen BioNTech beabsichtigt, alle Aktien an Curevac zu erwerben."
Die Presseabteilung von Uğur Şahin und Özlem Türeci ergänzt:
"Die geplante Übernahme soll die Forschung, Entwicklung, Herstellung und Kommerzialisierung von mRNA-basierten Krebsimmuntherapie-Kandidaten stärken und ist ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Umsetzung von BioNTechs Onkologie-Strategie. Die Übernahme von Curevac ergänzt BioNTechs Fähigkeiten und unternehmenseigene Technologien im Bereich mRNA-Design, Verabreichungsformulierungen und mRNA-Herstellung."
DPA-Medienmeldungen lauten zu dem Coup:
"Mit der von BioNTech geplanten Übernahme des Konkurrenten Curevac entsteht nach Einschätzung der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt ein echter Biotech-Champion von Weltformat. Das sei ein starkes Signal für den Forschungs- und Innovationsstandort Rheinland-Pfalz sowie ein ermutigendes Zeichen für den wirtschaftlichen Wandel hin zu Hochtechnologie und Zukunftsbranchen."
Es würden demnach rund 5,46 US-Dollar für jede Curevac-Aktie angesetzt, dies entspreche einer Bewertung des Tübinger Unternehmens von etwa 1,25 Milliarden US-Dollar (1,08 Milliarden Euro).
Laut einem Artikel der Welt-Zeitung zeigt sich das von Katherina Reiche (CDU) geführte Bundeswirtschaftsministerium, das aktuell noch rund 13,3 Prozent der Anteile an Curevac hält, demnach begeistert und "spricht von einem künftigen 'Biotech-Champion mit beeindruckendem mRNA-Patentportfolio'" (Bezahlschranke). Weiter heißt es in dem Artikel:
"Branchenbeobachter und Analysten vermuten eher, dass sich BioNTech mit der Übernahme vor allem ein milliardenschweres Risiko vom Hals schaffen wolle. Denn Curevac klagt bereits seit Jahren gegen das Konkurrenzunternehmen, weil es seine Patente für COVID-Impfstoffe von den Mainzern verletzt sieht."
Markus Manns, Portfoliomanager bei Union Investment, erklärt gegenüber der Welt-Redaktion:
"BioNTech dürfte es vor allem um die Patente von Curevac gehen, um das Klagerisiko loszuwerden. Denn wären die Klagen von Curevac erfolgreich, hätte BioNTech eventuell Lizenzgebühren im Milliardenbereich aus den COVID-Impfstoffen an Curevac zahlen müssen."
Der Gründer und frühere Vorstandschef von Curevac, Ingmar Hoerr, gibt in einem LinkedIn-Beitrag erkenntnisreich zu Protokoll:
"Der Name geht, die Technologie bleibt. Bisschen komisch fühlt es sich doch an, ab jetzt BioNTech zu sein. Ich hoffe sehr stark, der Standort Tübingen bleibt stark und bestehen. Für die RNA-Technologie sicher eine Stärkung. Tübingen darf halt die Seele nicht verkaufen."
Die erste Frage, die sich dem Welt-Artikel zufolge stelle, laute, wie die BioNTech-Geschäftsführung "mit den gut 740 Mitarbeitern, den Produktionsanlagen und der bisherigen Forschung von Curevac weiter verfahren will." Die milliardenschwere Transaktion soll vorbehaltlich behördlicher Genehmigungen bis Ende dieses Jahres abgeschlossen werden.
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