Seit 2012 erscheint der "Reuters Institute Digital News Report" und beobachtet die Nutzung verschiedener Medien. Hauptziel dieses Berichts ist Marktinformation für die Besitzer von Medien; deshalb wird bei der weltweit durchgeführten Umfrage auch abgefragt, wie viele Nutzer für Online-Nachrichten bezahlen oder dazu bereit wären, und für welche Informationen auf welche Medien zurückgegriffen wird.
Gleichsam nebenbei werden aber auch Informationen geliefert, die erkennen lassen, wie Menschen mit Nachrichten umgehen, auch in Deutschland. So wurde inzwischen die Tageszeitung auch hier als Hauptquelle täglicher Informationen vom Smartphone abgelöst. Allerdings werden die dargebotenen Informationen dennoch am liebsten gelesen, nicht gesehen oder gehört, auch wenn diese Präferenz bei den Jüngeren nicht mehr so stark ausgeprägt ist, während beispielsweise in einigen asiatischen Ländern Videos weit vorne liegen.
Geliefert werden diese Nachrichten in Deutschland immer noch von traditionellen Medien, allen voran der Tagesschau und den Heute-Nachrichten des ZDF; in den Vereinigten Staaten liegen zum Vergleich die sozialen Medien deutlich vor den Fernsehnachrichten, in welcher Form auch immer sie konsumiert werden; einzig die Altersgruppe über 55 informiert sich vor allem über die Fernsehnachrichten.
Gleichzeitig ist die Zahl jener, denen das Fernsehen als Nachrichtenquelle dient, in so gut wie allen Ländern gefallen, wenn auch in unterschiedlichem Maß. In Deutschland gaben 2012 noch 82 Prozent an, das Fernsehen in der vergangenen Woche als Quelle genutzt zu haben; 2025 waren es noch 61 Prozent. In Großbritannien fiel die Zahl im gleichen Zeitraum von 79 auf 48 Prozent.
In manchen Ländern drängen sich bestimmte soziale Medien nach vorn: In Thailand nutzen 49 Prozent TikTok als Nachrichtenquelle, in Malaysia 40 Prozent, in Kenia 38 Prozent, während in Indien, Südafrika und Südkorea mit 55, 42 bzw. 50 Prozent YouTube weit vorne liegt. Interessant ist, dass bei Journalisten X unter den sozialen Medien als Informationsquelle mit 48 Prozent weit vorne liegt, während die "Influencer" sich am stärksten auf Snapchat beziehen.
Nachrichten-Podcasts sind in Deutschland mit neun Prozent der Befragten, die im Verlauf der letzten Woche darauf zurückgegriffen haben, deutlich weniger einflussreich als in den Vereinigten Staaten, in denen dieser Anteil 15 Prozent beträgt.
Was die immer wieder hervorgehobene Frage von Desinformation betrifft: Das höchste Misstrauen Nachrichten gegenüber findet sich in Afrika mit 73 Prozent, in Europa liegt es bei 54 Prozent, wobei weltweit als Hauptquelle möglicher Falschinformationen "Politiker oder politische Parteien im eigenen Land" mit 47 Prozent an der Spitze liegen, während es "Ausländische Regierungen oder Politiker" mit 39 Prozent abgeschlagen noch hinter Online-Influencern mit ebenfalls 47 Prozent gerade auf Platz 3 schaffen.
Übrigens erreichen auf dieser Liste auch Nachrichtenmedien und Journalisten einen "Misstrauenswert" von 32 Prozent. Deutschland ist hier eine Ausnahme – hier halten tatsächlich mit 47 Prozent mehr Internetnutzer ausländische Regierungen für eine Quelle von Desinformation und nur 40 Prozent die eigenen Politiker und Parteien. Allerdings sind es die älteren Nutzer, die diese Umkehr auslösen; Jüngere entsprechen dem weltweiten Schnitt.
Die Bereitschaft, Inhalte in sozialen Medien zu zensieren, ist in Deutschland vergleichsweise hoch. 44 Prozent sind der Meinung, es werde "zu wenig schädlicher (aber legaler) Inhalt entfernt". In Großbritannien liegt der Wert noch höher, bei 50 Prozent; in den USA aber mit 27 Prozent deutlich niedriger.
45 Prozent der Befragten in Deutschland trauen meistens einem Großteil der Nachrichten. Das ist für Westeuropa ein mittlerer Wert; Süd- und Osteuropäer sind deutlich misstrauischer, wobei die niedrigsten Werte in Ungarn und Griechenland mit je 22 Prozent erreicht werden. Das größte Vertrauen haben die Finnen mit 67 Prozent. Erstaunlicherweise sind die Nigerianer, die zu 82 Prozent Sorgen vor Fehlinformationen bekundeten, gleichzeitig mit 68 Prozent noch ein wenig vertrauensvoller als die Finnen. Mit diesen 45 Prozent liegt Deutschland übrigens immer noch auf Platz 15 der insgesamt 48 ausgewerteten Länder.
Erstaunt scheinen die Befragenden über ein anderes Ergebnis zu sein: In allen betrachteten Ländern hat die Neigung zugenommen, Nachrichten zu vermeiden. 2017 lag dieser Wert weltweit bei 29 Prozent; inzwischen hat er 40 Prozent erreicht, mit den höchsten Werten in Bulgarien und der Türkei mit 63 bzw. 61 Prozent. Bezogen auf alle Befragten lag Deutschland mit 37 Prozent Nachrichtenvermeider nahe am weltweiten Schnitt (während in Japan mit nur elf Prozent die wenigsten Konsumenten Nachrichten vermieden). Der wichtigste Grund dafür, quer durch alle Länder, ist, dass die Nachrichten schlecht für die Stimmung sind; 31 Prozent sagten, die Menge der Nachrichten ermüde sie, und 30 Prozent fanden, es gebe zu viel Berichterstattung über Konflikte und Kriege. Bei jüngeren Befragten spielen auch das Gefühl eigener Machtlosigkeit und die Wahrnehmung, die Nachrichten hätten keine Bedeutung für das eigene Leben, eine Rolle.
In der genaueren Betrachtung, die das Leibniz-Institut für Medienforschung lieferte, liegen die Zahlen der Nachrichtenvermeidung aber noch einmal deutlich höher, weil der Wert im internationalen Vergleich von den möglichen Antworten "oft, manchmal, gelegentlich, niemals, weiß nicht" nur die ersten beiden einberechnet. Werden die gelegentlichen Nachrichtenvermeider einbezogen, liegt das deutsche Ergebnis bei 71 Prozent, wobei die über 45-Jährigen deutlich "nachrichtentreuer" sind. 2017 lag dieser Gesamtwert noch bei 49 Prozent; heute gehen also weit mehr Deutsche den Nachrichten aus dem Weg als noch vor acht Jahren, und die Zunahme ist stetig.
Hauptverlierer unter den Medien ist auch in Deutschland die gedruckte Zeitung. 2013 war sie noch für 18 Prozent die Hauptnachrichtenquelle; dieser Wert ist mittlerweile auf fünf Prozent gefallen. Der Anteil des Fernsehens blieb insgesamt stabil, wird aber vor allem von den älteren Nutzern erhalten, während das Internet endgültig an die Stelle der traditionellen Zeitung getreten ist und seinen Anteil von 25 Prozent im Jahr 2013 auf 42 Prozent im Jahr 2025 steigerte.
Übrigens lehnt es die weit überwiegende Mehrheit ab, für Online-Nachrichten zu bezahlen – quer durch alle Altersgruppen sind das 83 Prozent; dabei liegt die Quote der Zahlungsbereiten bei den über 55-Jährigen bei zehn, aber auch in der Gruppe von 18 bis 24 nur bei 16 Prozent. Spitzenreiter sind da lokale Nachrichtenmedien. Während also die Medienkonzerne gerade die Lokalberichterstattung in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich reduziert haben, ist gerade in diesem Bereich die Bindung der Leser als auch die Zahlungsbereitschaft am höchsten ...
Eine weitere Frage, die vor allem dem Interesse der Studienfinanziers nutzt, also großen Medienkonzernen, ist, ob die Befragten von KI erstellten Nachrichten vertrauen würden. Das lehnen insgesamt 54 Prozent ab (18–24 zu 42 Prozent, 55+ zu 63 Prozent), während Hilfe durch eine KI bei grundsätzlicher Erstellung durch einen Menschen mehr oder weniger gebilligt wird – die Zahl der Ablehnenden und die der Befürworter hält sich in etwa die Waage, mit mehr Befürwortern in den jüngeren Alterskohorten. Im Interesse der Medienkonzerne liegt diese Frage deshalb, weil sich an diesem Punkt ein weiteres Einsparpotenzial in den Redaktionen eröffnet, wenn die Umsetzung einlaufender Pressemitteilungen in Artikel automatisch erledigt wird. Die jüngeren Befürworter dieser Technik erhoffen sich davon vor allem aktuellere Meldungen.
Zusammenfassend ergibt sich aus dem Bericht folgendes Profil der deutschen Nachrichtenkonsumenten: Sie lesen sie vor allem auf dem Smartphone, halten sich dabei nach wie vor an die traditionellen Leitmedien, mögen aber keine Paywalls und dosieren ihren Konsum vorsichtig, um sich nicht die Laune zu verderben.
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