Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat als erster deutscher Politiker ausführlich auf die Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance reagiert. Seine Rede war direkt nach jener von Vance eingeplant. Zu diesem Zweck ergänzte er das englische Redemanuskript um eine deutsche Einleitung.
"Ich bin überzeugter Transatlantiker, leidenschaftlicher Transatlantiker, ein großer Freund Amerikas", begann er. Daher könne er die Rede von Vance nicht unkommentiert lassen. "Wenn ich ihn richtig verstanden habe, vergleicht er die Zustände in Teilen Europas mit jenen autoritärer Regime. Meine Damen und Herren, das ist nicht akzeptabel." Der Beifall des Publikums auf der Münchner Sicherheitskonferenz währte an dieser Stelle deutlich länger als der Beifall nach dem Ende der Rede von Vance.
Vance hatte zuvor erklärt, die größte Bedrohung der europäischen Sicherheit gehe nicht von China oder Russland, sondern vom Verlust der Meinungsfreiheit und Demokratie aus; was er mit zahlreichen Beispielen aus verschiedenen Ländern illustrierte, darunter auch der Annullierung der rumänischen Präsidentschaftswahlen. Vance hatte auch kritisiert, dass die Vertreter von "links- und rechtspopulistischen Parteien" nicht zur Sicherheitskonferenz zugelassen wurden.
"Das ist nicht das Europa, in dem ich lebe und gerade Wahlkampf mache", wandte Pistorius ein. "In dieser Demokratie hat jede Meinung eine Stimme. Sie ermöglicht es in Teilen extremistischen Parteien wie der AfD, ganz normalen Wahlkampf zu machen." Schließlich sei die "Spitzenkandidatin dieser Partei zur Primetime" im Fernsehen gewesen.
Als weiteres Beispiel nannte er die Bundespressekonferenz, obwohl diese nicht von der Regierung abgehalten wird.
"In unseren Pressekonferenzen werden übrigens auch Medien zugelassen, die russische Propaganda verbreiten, und Vertreter der Bundesregierung müssen ihnen Rede und Antwort stehen. Ausgeschlossen wird niemand."
Dabei bezog er sich vermutlich auf den Vertreter der NachDenkSeiten, Florian Warweg, der sich seinen Sitz in dieser Pressekonferenz jedoch vor Gericht erkämpfen musste. Russische Medien sind bereits seit Jahren nicht mehr zugelassen.
Pistorius erklärte weiter, er trete "dem Eindruck, den Vizepräsident Vance erweckte, energisch entgegen, dass in unserer Demokratie Minderheiten unterdrückt oder zum Schweigen gebracht werden".
Die Beispiele für mangelnde Meinungsfreiheit in Europa, die J.D. Vance in seiner Rede angeführt hatte, bezogen auch die Zensur in den sozialen Medien mit ein.
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