Von Wladislaw Sankin
Kurz vor Anmeldeschluss ‒ 48 Stunden vor dem geplanten Termin ‒ meldete Friedensaktivist und "Schwurbeltreff"-Gründer Michael Bründel (Künstlername DJ Captain Future) den Autokorso für den Frieden mit Russland in Berlin-Mitte an. Eine spontane und stimmungsvolle Aktion mitten im Weihnachtstrubel sollte das Jahr des Berliner Friedensaktivismus erfolgreich abschließen. Gekommen sind circa ein Dutzend Auto-Teilnehmer und etwa genauso viele Fahrradfahrer – keine schlechte Bilanz für einen kurzfristigen Entschluss. Angeführt wurde der Korso von dem Wohnwagen "Friedenspanzer Lieferdienst", der mit Friedensparolen geschmückt war.
Angefangen hat die Aktion mit einer Kundgebung am Pariser Platz vor der US-Botschaft. Gleich zu Beginn seiner kurzen Rede forderte der Anmelder ohne jegliche Schnörkel den Abzug der US-Truppen aus Deutschland. "Was sind das für Freunde?", fragte er rhetorisch im Hinblick auf die Abhörskandale und Sprengung der Gas-Pipelines in der Ostsee.
Der Moderator des Video- und Podcast-Portals Infrarot, Arthur Buchholz, setzte sich ans Steuer des "Friedenspanzer"-Wagens (die Aktion wurde durch Infrarot live begleitet) und fuhr nur wenige hundert Meter bis zum nächsten Stopp – vor der russischen Botschaft. Hier äußerte sich die Friedensbotschaft vor allem durch das Abspielen russischer Lieder. Auch bei den nachfolgenden Fahrten hat Michael Bründel deutsch-, russisch- und englischsprachige Lieder (wie etwa "Give peace a Chance") aus dem Lautsprecher am Dach des Wagens abgespielt, was für zusätzliche Aufmerksamkeit bei den Passanten sorgte.
Als der Autokorso zur US-Botschaft wendete, um zum Sowjetischen Ehrenmal zu fahren, bemerkten die Teilnehmer eine kleine Gegendemo am Straßenrand. Einige Personen hielten das Plakat der Bewegung "Omas gegen Rechts". Auch ein paar vermummte Personen mit schwarzen Antifa-Fahnen standen dabei. Offenbar haben sie sich extra organisiert, um gegen den Autokorso zu protestieren. Im Zerrbild des regierungskonformen Straßenaktivismus gilt Frieden mit Russland schon lange als "Nazi".
Die Kundgebung vor dem ARD-Studio war inhaltlich die wichtigste. Zumindest konnte man davon ausgehen, dass einige Mitarbeiter während ihrer Samstagsschicht vom Protest etwas mitbekommen würden. Kritisiert wurden sie für die stark verzerrende Berichterstattung über den Ukraine-Krieg und andere aktuelle Konflikte. Die Öffentlich-Rechtlichen erfüllten ihren Auftrag nicht und hätten kein Recht mehr, die GEZ-Gebühren einzufordern, sagte Bründel.
Am Russischen Haus führte er eine improvisierte Straßenumfrage unter Passanten durch, ob sie für Waffenlieferungen eintreten. Alle, die etwas sagen wollten, sprachen sich gegen Waffenlieferungen aus. An der ukrainischen Botschaft ergriff die Friedensaktivistin Silke L. das Wort. Sie sagte, der Krieg in der Ukraine sei ein Bruderkrieg, der von den USA provoziert worden sei. Die US-Amerikaner sollten aufhören, in Eurasien Kriege anzuzetteln, forderte sie. Als sie redete, rief ihr ein vorbeifahrender Radfahrer den faschistischen Spruch "Slawa Ukraini, Gerojam Slawa" zu.
Doch diese Reaktion war eher ein Einzelfall – während der Fahrt durch die gut besuchte Friedrichstraße winkten viele Passanten den Korso-Teilnehmern freundlich zu. Die abschließende Kundgebung mit ähnlich kritischen Tönen fand vor dem Auswärtigen Amt statt. Die Korso-Teilnehmerin Silke ergriff wieder das Wort. Mit dem Zitat des US-Präsidenten Thomas Jefferson "Nur die Lüge braucht die Stütze der Staatsgewalt, die Wahrheit steht von alleine aufrecht" gab sie den Regierenden zu bedenken: "Auch aus den USA kommen ehrliche, patriotische Gedanken." Es seien Rüstungskonzerne, die mit Kriegen Geld verdienen. "Ich stelle mich nicht in den Dienst dieser Konzerne. Die Kriege werden um Geld und Macht geführt."
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