Olaf Scholz ist in der Ukraine zu einem "Geheim-Besuch" (Bild-Zeitung) eingetroffen. Nach zweieinhalb Jahren ist die erste Visite des deutschen Kanzlers in der ukrainischen Hauptstadt. Scholz wurde auf dem Zentralbahnhof der ukrainischen Hauptstadt Kiew von dem deutschen Botschafter in der Ukraine Martin Jäger und Oleksij Makejew, ukrainischer Botschafter in Deutschland begrüßt.
Direkt nach seiner Ankunft erklärt Olaf Scholz wörtlich vor Journalisten:
"Seit mehr als 1000 Tagen verteidigt sich die Ukraine auf heldenhafte Art und Weise gegen den erbarmungslosen russischen Angriffskrieg."
Diesmal nicht mit seiner berüchtigten Ledertasche reisend, sondern mit einem stabilen Alu-Pilotenkoffer, hat er Präsident Wladimir Selenskij die jüngsten Zusagen der Bundesregierung mitgebracht:
"Ich möchte hier vor Ort deutlich machen, dass Deutschland der stärkste Unterstützer der Ukraine in Europa bleiben wird. Die Ukraine kann sich auf Deutschland verlassen: Wir sagen, was wir tun. Und wir tun, was wir sagen."
Er werde Selenskij Waffen "im Wert von 650 Millionen Euro" ankündigen, die demnach noch im Dezember geliefert werden sollen. Das SPD-nahe RND berichtet wörtlich über den "Blitzbesuch":
"Eine Fahrt mit dem Nachtzug in ein Land, das im Krieg ist. Am späten Sonntagabend steigt Olaf Scholz im polnischen Przemysl in die ukrainische Eisenbahn. In seinem Besprechungsraum liegen Willkommenskarten aus. 'Zutiefst dankbar' zeigt sich das Unternehmen für Unterstützung und Solidarität mit der Ukraine und verspricht eine sichere und pünktliche Reise. Gut neun Stunden später trifft der Bundeskanzler, exakt wie vorhergesagt, am Montagmorgen in Kiew ein. Es ist sein erster Ukraine-Besuch seit zweieinhalb Jahren. In der Stadt, in der auch über die Zukunft des Landes entschieden wird."
Es ist seitens des Kanzlers erst der zweite Besuch in der Ukraine, das erste Mal reiste er im Juni 2022 nach Kiew. Laut Bild-Informationen habe Scholz jedoch "die dringend gewünschten Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite bis Moskau nicht im Gepäck". US-Präsident Trump betonte nach seinem Wahlsieg immer wieder, er wolle den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden. Kiew sieht nun die Gefahr, dass die US-Hilfe auch unter dem kommenden Präsidenten weniger umfangreich ausfallen wird.
Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Geldgeber für die Ukraine.
Den Zeitpunkt für Scholz' Reise sehen die politischen Konkurrenten in der Heimat laut dem RND "bereits als Wahlkampf an". Die Einladung seitens Selenskij habe jedoch "schon lange bestanden, bereits, als noch niemand von einem Regierungsbruch im Herbst ausging", so der RND-Artikel. Scholz hatte noch am Samstag in Berlin, beim offiziellen Wahlkampfauftakt der SPD, zum Thema erklärt:
"Wenn ich darüber rede, wird mir vorgehalten, den Krieg zu instrumentalisieren."
Das Magazin Der Spiegel mutmaßt:
"Nutzt er die Kriegskulisse, um sich erneut als Friedenskanzler zu inszenieren? Dem Kanzler ist jedenfalls nicht daran gelegen, den Krieg aus dem Wahlkampf herauszuhalten."
In dem Krisengespräch zwischen Scholz und Selenskij dürfte es vordergründig um die Strategie gehen, mögliche Verhandlungen zur Beendigung des Krieges in die Wege zu leiten. Der Kanzler hatte bereits am Freitag der Vorwoche erklären lassen, er habe zuvor mit Selenskij vereinbart, "den konstruktiven Austausch auch mit Blick auf mögliche Wege zu einem gerechten Frieden in der Ukraine fortzuführen und weiter eng in Kontakt zu bleiben".
Mehr zum Thema - "Es steckt Militärstrategisches dahinter" – wahre Gründe für Verweigerung von Taurus-Lieferung