Lauterbachs Krankenhausreform passiert den Bundesrat mit zuvor kalkulierender Skandal-Entlassung

Im Bundesrat haben die Bundesländer am heutigen Freitag über die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Lauterbach abgestimmt und das umstrittene Gesetz final passieren lassen. Vor der Abstimmung sorgte Brandenburgs Ministerpräsident Woidke (SPD) für einen Eklat, indem er noch schnell seine Gesundheitsministerin entließ.

Der in Berlin ansässige Bundesrat ließ vor den anstehenden Neuwahlen an diesem Freitag das noch von der Ampel-Koalition im Bundestag beschlossene Gesetz für eine grundlegende Neuordnung der Kliniken in Deutschland passieren. Eine befürchtete Anrufung des gemeinsamen Vermittlungsausschusses mit dem Bundestag fand zuvor nicht die erforderliche Mehrheit. Für einen Skandal sorgte SPD-Landeschef Dietmar Woidke, der während der laufenden Bundesrats-Sitzung seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) entließ. Woidtke befürchte laut einem Sprecher, dass diese anders abstimmen würde, als ihr Chef.

Von einem ersten Vorschlag seitens Karl Lauterbach, über die Abstimmung des Gesetzesentwurfs einer Krankenhausreform am 17. Oktober, durch die damalige Mehrheit der Ampelkoalition, bis zur heutigen Abstimmung in der Länderkammer vergingen rund zwei Jahre. Der Bundesgesundheitsminister selbst bezeichnet das beschlossene Gesetz als die "größte Gesundheitsreform seit 20 Jahren". 

In der Bundesratssitzung hatte es laut dem SPD-nahen RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) zuvor noch eine kontroverse Debatte gegeben. Minister Lauterbach appellierte demnach nachdrücklich an die Ländervertreter, das Gesetz passieren zu lassen. Es gehe laut seiner Einschätzung um "die einmalige Chance, Zehntausenden Menschen pro Jahr eine bessere Versorgung zukommen zu lassen". Der Minister betrachtet seinen Entwurf wörtlich als "Revolution".

Während der Debatte kam es parallel im Hintergrund zu einem politischen Skandal, der in der 75-jährigen Geschichte des Gremiums seine fragliche Premiere feierte. Das Magazin Focus berichtet zu dem Eklat:

"Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) noch während der laufenden Sitzung entlassen. Sie sei von ihren Amtsgeschäften entbunden, teilte die Staatskanzlei mit. Nonnemacher wollte gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses im Fall der Reform stimmen, Woidke will dafür stimmen."

Das notwendige Prozedere sah dabei vor, dass die Anwesenden theoretisch bei entsprechendem Abstimmungsverhalten den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Parlament tagen lassen könnten, der wiederum eine finale Umsetzung der Reform vorerst hätte stoppen können. Bei der Abstimmung wurde laut RND-Artikel das Votum Thüringens nicht mitgezählt, "da das Land nicht einheitlich abstimmte", wie Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) mitteilte.

Bayern hatte den Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses gestellt. Die zuständige Ressortchefin Judith Gerlach (CSU) erklärte gegenüber dem RND: "Unser Ziel ist es, zu dringend notwendigen Nachbesserungen zumindest in zentralen Punkten des Gesetzes zu kommen". Sie wies zudem auch auf akute Finanznot bei vielen Kliniken hin. "Der Bund hätte längst ein Soforthilfeprogramm vorlegen müssen."

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) warnte vor der Abstimmung davor, dass es nicht passieren dürfte, dass "bestehende Versorgungsungleichheiten zwischen Ost und West verschärft werden". Für Baden-Württemberg monierte Rudi Hoogvliet von den Grünen, "man könne die Folgen der Reform weiterhin nicht seriös abschätzen". Mit einem Vermittlungsausschuss solle das Vorhaben "weder verzögert noch verhindert" werden.

Die Vorsitzende der Länder-Gesundheitsminister, Kerstin von der Decken (CDU) aus Schleswig-Holstein, erklärte, ein Vermittlungsausschuss wäre "wahrscheinlich die letzte Chance, grobe Fehler zu korrigieren". Der niedersächsische Minister Andreas Philippi (SPD) warnte davor, sollte die Reform in den Vermittlungsausschuss geschoben werden, "dann ist sie politisch tot".

In einer sehr groben Zusammenfassung beinhaltet die nun abgesegnete Krankenhausreform mehr spezialisierte Kliniken für die Bürger, dabei generell weniger Kliniken sowie die "Vermeidung unnötiger operativer Eingriffe und Behandlungsmodule". Dazu heißt es:

"Bislang galt die Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle. Je mehr Behandlungen in einem Krankenhaus durchgeführt wurden, desto mehr Geld verdiente es. Die neue Regelung soll das Problem lösen, dass Eingriffe teils unnötig durchgeführt werden, um mehr Einnahmen zu generieren."

In Kraft treten soll das Gesetz nun zum 1. Januar 2025. Laut Einschätzungen wird die neue Struktur "aber erst über mehrere Jahre bis 2029" umgesetzt werden können. Für die Patientinnen und Patienten wird sie demnach "dadurch nicht sofort spürbar".

Als sicher gilt, dass das Netz der derzeit rund 1.700 existierenden Krankenhäuser im Land durch die Reform erheblich reduziert werden wird.

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