Pistorius will auch im neuen Kabinett Verteidigungsminister werden

Der als "beliebtester Politiker Deutschlands" gehandelte Verteidigungsminister Boris Pistorius will auch nach den Wahlen in derselben Funktion weitermachen. In einem Interview wettert er gegen "Populisten" und begründet, warum die SPD eine Friedenspolitik aus der Position der Stärke heraus führen müsse.

Boris Pistorius will für die SPD und ein Bundestagsmandat in den Wahlkampf ziehen, melden die Medien am Sonntag mit Verweis auf ein Interview des Politikers mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der Verteidigungsminister Boris Pistorius habe seine Partei mit Blick auf die kommende Bundestagswahl zur Geschlossenheit aufgerufen, meldet etwa der Tagesspiegel

Das dpa-Interview wurde allerdings kurz vor dem Aus der Ampel-Koalition am 6. November geführt und erschien erst am frühen Sonntagmorgen. Die Rede im Interview war also von den regulären Wahlen, die am 28. September 2025 stattfinden müssten. Das politische Erdbeben in Berlin hat an seinen Karriereplänen offenbar nichts geändert. Auch bei den vorgezogenen Wahlen rechnet er mit einem Wahlerfolg für die SPD. 

Dafür sind allerdings einige seiner Ratschläge zu beachten. So rät Pistorius zu einer klaren Haltung in Sicherheitsfragen sowie zu einem Fokus auf die Industrie- und Wirtschaftspolitik. Dies sei für die SPD und ihre ursprüngliche Kernwählerschaft essenziell. Die aktuellen Umfragewerte machten niemanden in der SPD glücklich und man müsse analysieren, was die Ursachen dafür sind. 

Allerdings hat der Verteidigungsminister die Antwort schon parat. Er nennt das Aufkommen von populistischen Parteien, eine "zerfledderte Parteienlandschaft" und eine Krisenmüdigkeit vieler Menschen, "die Zweifel haben, ob wir die multiplen Krisen bewältigen können". Den nächsten Teil des Gesprächs widmet er seiner scharfen Kritik an den "Putin-Verstehern", "Extremisten" und "Populisten". 

So stehe das BSW weder für "unsere Westbindung" noch für die NATO-Mitgliedschaft. "Es leugnet, dass wir uns schützen und verteidigen können müssen", sagt Pistorius und warnt vor der Zusammenarbeit mit der Partei. 

Das BSW habe Verständnis für den russischen Präsidenten Wladimir Putin und damit für die Behauptung, die NATO habe Russland bedrängt und dadurch den Krieg überhaupt erst ausgelöst. Es sei gegen die Unterstützung der Ukraine, die ihre Freiheit, ihre Souveränität und nicht zuletzt das Völkerrecht verteidige. Pistorius: "Damit steht es also gegen alles, was die Mehrheit der Sozialdemokraten und auch die Mehrheit in Deutschland für richtig hält."

Im Klartext würde es heißen: "Unsere Freiheit wird am Dnjepr verteidigt", wie der ZDF-Moderator Markus Lanz die Politik der uneingeschränkten militärischen Unterstützung der Ukraine einmal nannte. Das sagte er im Gespräch mit dem Philosophen David Precht in Anlehnung an ein bekanntes Zitat von Pistorius' Amtsvorgänger und Parteigenossen, Peter Struck. Im Jahr 2001 sagte Struck, dass die "Verteidigung unserer Freiheit am Hindukusch beginnt". Später fügte er auch Sicherheit zu den Werten hinzu, die im fernen Ausland verteidigt werden müssen. Seitdem wurde die Aussage sprichwörtlich für Großmachtstreben und interventionistische Politik verwendet, die sich im Falle von Afghanistan als fehlerhaft erwies. Dass heute die "Mehrheit in Deutschland" die gleiche Denkweise an den Tag legt, ist also eher zu bezweifeln. 

Allerdings, und das gehört zum Gesamtbild dazu, ist der Verteidigungsminister, der das Land im Eiltempo in den Zustand der "Kriegstüchtigkeit" versetzen möchte, laut Umfragen nach wie vor der mit Abstand "beliebteste Politiker Deutschlands". Aus dieser Position heraus wettert er weiter gegen "populistische und extremistische Kräfte" im Land, die seiner Meinung nach die Bedeutung des Wortes "Frieden" falsch verstehen. 

Er nehme in Deutschland wahr, dass diese Kräfte Putins Geschäft betreiben und sich vor seinen Karren spannen lassen. "Sie übernehmen Putins Argumentation und stellen einseitige Erwartungen an uns, an die Regierung – etwa, dass wir abrüsten sollten, während Putin weiterhin massiv aufrüstet", sagt Pistorius. Oder es werde gefordert, "dass ein Frieden in der Ukraine herbeigeführt werden müsse – mit einem kriegführenden Russland, das gar nicht über Frieden verhandeln will".

"Wir müssen uns in Acht nehmen, auch in der SPD, dass wir uns von diesen Parolen nicht verwirren lassen", so Pistorius. Die SPD sei eine Friedenspartei, die für Entspannungspolitik stehe. "Willy Brandt, Helmut Schmidt und andere wussten, dass man nur dann auf Augenhöhe über Frieden und friedliche Koexistenz verhandeln kann, wenn dies aus einer Position der Stärke heraus geschieht."

Leider sei diese Erkenntnis teilweise verloren gegangen. An dieser Stelle merkt der Politiker ungewollt an, dass die Wähler sich eine andere Politik wünschten. "Manche fürchten sich möglicherweise vor der Reaktion der Wählerinnen und Wählern. Andere verweigern vielleicht schlicht die Realität. Ein Problem wird aber nicht kleiner, wenn man es verdrängt. Es wird größer", bemängelt Pistorius. 

Doch er ist sich sicher, dass bis zu den Neuwahlen, ob vorgezogen oder nicht, er und seine Parteikollegen es wieder richten können: "Ich glaube, dass wir ein Ergebnis wie 2021 wieder erreichen können. Aber dafür müssen wir uns zur Decke strecken. Wir müssen klar sein in dem, was wir wollen, und dabei als Partei geschlossen auftreten." 

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