Die Bildung der sogenannten "Brombeer-Koalition" aus CDU, SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Sachsen droht noch im Stadium der Sondierungsgespräche zu scheitern. Nachdem Teile der BSW-Fraktion im Dresdener Landtag zusammen mit der AfD für den Antrag der letzteren auf Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses gestimmt hatten, unterbrach die SPD am Freitag die Sondierungsgespräche und droht mit der Einstellung der Verhandlungen.
Die Einsetzung des Untersuchungsausschusses des Sächsischen Landtages wurde am Vormittag mit Stimmen der AfD und Teilen der BSW-Fraktion beschlossen. Der Ausschuss wird sich mit Missständen in Politik und Verwaltung sowie mit einem möglichen Fehlverhalten von Politikern während der COVID-19-Pandemie in Sachsen beschäftigen.
Das BSW hatte ebenfalls einen Untersuchungsausschuss zu dem gleichen Thema beantragt. Weil die Fraktion aber nur 15 Abgeordnete hat, konnte sie aus eigener Kraft kein solches Gremium einsetzen. Alle anderen Fraktionen stimmten dagegen.
Nur wenige Stunden nach der Abstimmung kam die Ankündigung der SPD Sachsen, aus den Sondierungen mit CDU und BSW vorerst auszusteigen. Der Mitteldeutsche Rundfunk Sachsen zitiert einen Sprecher der Sozialdemokraten mit den Worten:
"Nach dem heutigen Plenum besteht interner Klärungsbedarf."
Die Vorsitzenden der SPD Sachsen Kathrin Michel und Henning Homann sagten zum Abstimmungsverhalten im Landtag:
"Der heutige Schulterschluss von AfD und BSW bei der Abstimmung über einen Corona-Untersuchungsausschuss ist eine schwere Belastung für die laufenden Sondierungsgespräche. Die SPD wird deshalb bis zu einer Klärung der Spitzen die Verhandlungen in den Arbeitsgruppen aussetzen."
Die SPD stößt sich daran, dass die BSW-Fraktion aus ihrer Sicht auch "zu einer inhaltlichen Unterstützung eines populistischen Antrags einer gesichert rechtsextremen Partei entschieden" habe. "Das ist fatal", sagten Michel und Homann.
Laut der Leipziger Volkszeitung sehen die sächsischen Sozialdemokraten im parlamentarischen Untersuchungsausschuss gar ein "Tribunal".
Sabine Zimmermann, Landes- und Fraktionsvorsitzende des BSW in Sachsen, wird vom MDR mit ihrer Kritik an der Entscheidung der sächsischen Sozialdemokraten wie folgt zitiert:
"Wir wollten uns gerade in der Arbeitsgruppe zu Gesundheit und Soziales mit den Vertretern der CDU und SPD treffen, um für Sachsens Gesundheitssystem die richtigen Weichen zu stellen, da erklärte die SPD die Sondierungsgespräche auf einmal für unterbrochen."
Zimmermann forderte die SPD dazu auf, "schleunigst an den Verhandlungstisch zurückzukehren".
Der Parlamentarische Geschäftsführer der BSW-Fraktion Lutz Richter verteidigte die Zustimmung zum AfD-Antrag:
"Das haben wir rechtzeitig vorher angekündigt. Alle haben das gewusst."
Das BSW könne nicht gegen seine eigenen Themen stimmen, ergänzte Richter. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sei ein in der Landesverfassung verankertes Recht der Minderheit, das in diesem Falle der AfD zustehe. Selbst die CDU-Fraktion habe signalisiert, dass sie darin keine Komplikation sehe.
Mehr zum Thema – Auf dem Weg zur "Brombeer-Koalition": Thüringen weiter als Sachsen