Der Bundestag könnte demnächst nach den Plänen und Vorstellungen des CDU-Politikers und MdB Marco Wanderwitz über einen Gruppenantrag abstimmen, über den "beim Bundesverfassungsgericht ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD beantragt werden" soll. Der Antrag beabsichtigt, beim Bundesverfassungsgericht gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes festzustellen, "dass die Partei Alternative für Deutschland verfassungswidrig ist".
Die Rechtsanwaltskanzlei Höcker vertrat mehrfach erfolgreich Opfer des diskreditierenden "Correctiv"-Artikels zum Thema "Remigrationstreffen". Das Kanzleimitglied Christian Conrad entdeckte nun mehr als fragliche Inhalte im AfD-Verbotsantrag, so mittlerweile gerichtlich verbotene Behauptungen zum sogenannten "Potsdamer Treffen" im Jahr 2023.
Der vom Rechtsanwalt Christian Conrad studierte AfD-Verbotsantrag wird laut Medienberichten von einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU/CSU, Grünen und Linken unterstützt, aber nicht von den gesamten Fraktionen. Die Vorlage sei seit Monaten vorbereitet und Ende September fertiggestellt, dann bundestagsintern und medial vorgestellt worden. Conrad erläutert einleitend in seinem längeren X-Posting:
"Bekanntermaßen vertrete ich die AfD in den verwaltungsgerichtlichen (!) Verfahren gegen den Verfassungsschutz. Und dabei habe ich tausende Seiten an Unterlagen durchgelesen. Nachfolgend daher (nicht abschließend) 'my two cents' zum achtseitigen Entwurf (zumindest dem, der mir vorliegt) – wobei ich bewusst versuchen möchte, objektiv die dortigen Argumentationsansätze mit den mir bekannten Fakten abzugleichen."
Der Anwalt fand gleich auf Seite 2 des Antrags einen "folgenschweren dogmatischen (und logischen) Fehler", dies bezogen auf die Entscheidung des Verfassungsschutzes, die Partei AfD als sogenannten "Verdachtsfall einzustufen". Für die Antragsteller um Wanderwitz lägen damit "Anhaltspunkte dafür vor", dass die Partei vermeintlich "verfassungswidrig sei". Conrad erklärt:
"Der Verdachtsfall des BVerfSchG und das Verbot des Art. 21 Abs. 2 GG haben jedoch (offenkundig) völlig andere Tatbestandsvoraussetzungen – und ein Verdacht kann sich im Übrigen bewahrheiten oder nicht. Die (ohnehin nicht rechtskräftigen) Entscheidungen aus Köln und Münster haben daher für ein Verfahren in Karlsruhe m.E. noch nicht einmal eine Indizwirkung."
Ergänzend als Anmerkung Nummer 3 heißt es zu diesem Punkt weiter:
"Das OVG NRW [Oberverwaltungsgericht] hat zur Einstufung als 'Verdachtsfall' auch betont, dass der Grundsatz der Staatsfreiheit im Verdachtsfallverfahren gar nicht gelte (vgl. OVG NRW, Urt. v. 13.05.2024, Az.: 5 A 1218/22, S. 89 ff.). Abermals zeigt sich also, dass der von den Antragstellern angedachte 'Gleichlauf' nicht greift und vielmehr elementare Unterschiede gegeben sind."
Als weiteres Beispiel für juristische Irritationen finde sich auf Seite 3 "die (bloße) Behauptung, dass viele Aussagen von Politikern äußerungsrechtliche Straftatbestände verwirklichen sollen".
Conrad kommentiert:
"Eine dem folgende, massenhafte Strafverfolgung ist indes (zumindest mir) nicht bekannt."
Der Anwalt stieß zudem auf Formulierungen, so auf Seite 4 des Antrags, die inhaltliche Elemente gewonnener Verhandlungen eines Kollegen der Höcker-Kanzlei in der Causa "Correctiv" betrafen. Dazu heißt es:
"Auf S. 4 findet sich eine interessante Passage: In Potsdam sei über Remigration 'auch von deutschen Staatsbürgern' gesprochen worden. Mein Kanzleipartner Brennecke geht seit geraumer Zeit gegen die unwahre Behauptung vor, dort habe man über die Ausweisung von Deutschen gesprochen."
In einem verlinkten Urteil heißt es bezüglich einer siegreichen Verhandlung gegen einen öffentlich-rechtlichen Sender:
"Der SWR musste nach anwaltlichem Vorgehen Falschmeldungen zum Potsdam-Treffen korrigieren. Nach einer Abmahnung im Namen von Dr. Ulrich Vosgerau (CDU) hat der Sender seinen fehlerhaften Bericht korrigiert.
Der SWR hatte behauptet, dass beim Potsdam-Treffen Pläne zur Regierungsübernahme durch die AfD sowie zur Ausweisung deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund und 'unliebsamer Deutscher' vorgestellt und diskutiert worden seien. Diese Behauptungen sind falsch."
"Juristische Subsumtionen, Ableitungen oder ähnliches" seien im Antrag laut Einschätzung des Anwalts "nicht erkennbar". Dazu heißt es:
"Der Antrag ist (trotz einleitender rechtlicher Worte) 'politisch' geschrieben. Mag nun die Frage über die Einleitung noch 'politisch' sein, ist das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht unstreitig juristisch geprägt."
Aufgrund der vorgenannten Punkte dürfte das Bundesverfassungsgericht damit laut Einschätzung des Juristen "auf Basis dieses Entwurfs (falls er überhaupt den Bundestag passieren sollte) kurz und schmerzlos nach § 45 BVerfGG vorgehen und das Verfahren ohne mündliche Verhandlung als nicht hinreichend begründet zurückweisen".
Das Fazit laute daher, dass der AfD-Verbotsantrag "nur suggeriert", auf so weit "altbekannte Erwägungen aufzubauen". Dem sei nach Studium des Antrags jedoch nicht so, da die Antragsteller laut Conrad "Neuland betreten". Der Jurist erklärt abschließend:
"Das Parteiverbotsverfahren als 'schärfstes Schwert' wird dabei nicht gezielt angesetzt – vielmehr will man auf Basis politischer Erwägungen und auf ungewisser Grundlage mit 'Schrot in den Busch' schießen."
Ob dieses offensichtliche parteipolitische Vorgehen "demokratietheoretisch" als unterstützenswert einzuschätzen ist, "darf jede/r selbst entscheiden".
Eines von mehreren Motiven für die Antragstellung durch den Initiator könnte die Tatsache sein, dass der CDU-Politiker Marco Wanderwitz und ehemalige "Ostbeauftragte" im Jahr 2021 sein Direktmandat in Sachsen gegen den AfD-Kontrahenten Mike Moncsek verlor. Die Zeit schrieb in einem Porträtartikel über den Politiker im September 2022 dazu:
"Marco Wanderwitz hat den Osten so hart kritisiert wie kaum ein anderer Politiker. Die Wähler bestraften ihn dafür. Seither zieht er sich zurück – obwohl es in ihm noch brodelt."
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