Nach dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden gerät der Dresdener Stadtrat in den Fokus. Dabei wird ein für Deutschland inzwischen typisches Phänomen sichtbar: Posten werden nicht nach Qualifikation, sondern nach politischen Kriterien vergeben.
Stephan Kühn (Bündnis 90/Die Grünen) ist Baudezernent in Dresden und damit auch für die Brücken der Stadt verantwortlich. Das kam so: Im Mai 2019 fanden in Dresden Wahlen zum Stadtrat statt. Die Grünen wurden mit 20,3 Prozent stärkste Kraft, gefolgt von CDU und AfD. Es begann das übliche Postengerangel. Das Baudezernat beanspruchten die Grünen für sich. Noch vor einer offiziellen Ausschreibung der Stelle legten sie den Diplomsoziologen Stephan Kühn als Kandidaten fest. Kühn ist Berufspolitiker und kann daher alles – zumindest nach seiner Selbsteinschätzung. Von 2009 bis 2020 war er Mitglied des Bundestages und bis 2011 baupolitischer Sprecher. Er kennt sich aber auch mit Verkehr und digitaler Infrastruktur aus und bekleidete entsprechende Posten.
Seine Wahl zum Beigeordneten für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften war umstritten. Die AfD wollte damals in der Stellenausschreibung festlegen, dass nur ein Ingenieur, Architekt oder Jurist mit Ausrichtung auf Baurecht den Posten bekommen sollte. Die Freien Wähler forderten, es müsse eine Auslese unter den für dieses Amt Befähigten geben. Kühn besitzt keinerlei fachliche Qualifikation, wurde aber mit der Unterstützung der Stimmen von CDU, SPD und den Linken ins Amt gehoben.
Der Vorgang ist für Deutschland typisch. Posten werden aus politischen und nicht aus fachlichen Gründen vergeben. Parteienproporz, Gendergerechtigkeit und Zugehörigkeit zu einer sexuellen Minderheit sind bei der Postenbesetzung in Deutschland inzwischen maßgebend. Ob eine Person die fachlichen Voraussetzungen mitbringt, dagegen nicht.
Politiker wie Annalena Baerbock, Christian Lindner und Robert Habeck verdeutlichen das ebenso wie die politische Karriere von Ursula von der Leyen. Es fehlt ihnen die Qualifikation für das jeweilige Amt. Das Ergebnis ist entsprechend.
Die Wahl von Kühn wurde juristisch angefochten. Die Rechtmäßigkeit seiner Wahl wurde im Juli vom Verwaltungsgericht Dresden bestätigt. Das Urteil hebt hervor, dass die Parteizugehörigkeit maßgeblich ist, und nicht die fachliche Qualifikation.
Am 21. September 2023 stellte die Fraktion der Freien Wähler im Dresdener Stadtrat den Antrag, alle Brücken der Stadt überprüfen zu lassen. Der Antrag wurde schließlich am 17. Juni mit den Stimmen der Grünen, der Linken, der SPD, der Piraten und der PARTEI abgelehnt. In der Nacht vom 10. auf den 11. September stürzte die Carolabrücke ein. Vermutlich hätte sich das Unglück verhindern lassen, wäre der Antrag nicht aus politischen Gründen abgewiesen worden. Aber in Deutschland gilt, man stimmt dem politischen Gegner auch dann nicht zu, wenn er inhaltlich recht hat und Gefahr im Verzug ist.
Bereits im Jahr 2023 hat sich Kühn auf dem Kurznachrichtendienst X gegen Vorwürfe des Kommunalpolitikers Holger Zastrow gewehrt, er würde seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. Kühn twitterte damals, dass die "Kritik von Zastrow, wir würden die Brücken vergammeln lassen, jeder sachlichen Grundlage entbehre“. Der Tweet, der auch die Carolabrücke nennt, wurde inzwischen gelöscht. Das Problem war benannt und in der Dresdner Stadtpolitik bekannt. Es wurde ignoriert.
Innerhalb der Strukturen institutionalisierter Korruption und Vetternwirtschaft, wie sie in Deutschland herrschen, ist es unwahrscheinlich, dass der Einsturz der Carolabrücke politische Konsequenzen nach sich ziehen wird. Aber der Vorgang illustriert anhand der Stadt Dresden die deutschen Zustände.
Der Einsturz der Carolabrücke reiht sich ein in den Skandal um den Flughafen BER, die Gleichgültigkeit der Politik hinsichtlich der Katastrophe im Ahrtal, den Niedergang des Standorts Deutschland und vielem mehr. Das Versagen der Politik lässt sich für jeden Fall im Detail aufzeigen – nur ändern wird sich deswegen trotzdem nichts, denn die politischen Vertreter haben sich komplett immunisiert.
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