Eine weitere Konferenz zum Frieden in der Ukraine sollte stattfinden, und zwar mit russischer Beteiligung, so Bundeskanzler Olaf Scholz. Während der "Generaldebatte" über den Haushalt 2025 im Bundestag sagte er:
"Wir brauchen eine weitere Friedenskonferenz. Und bei der muss es dann sein, dass Russland mit am Tisch sitzt. Das ist die Aufgabe, die wir jetzt bewältigen müssen."
Jetzt sei es an der "Zeit, wo wir ausloten müssen, welche Möglichkeiten sich ergeben".
Einen ähnlichen Aufruf hatte Scholz bereits einige Tage zuvor gemacht. Nun sei der Zeitpunkt gekommen, darüber zu sprechen, wie man aus dieser militärischen Situation herauskomme. In einem Interview für das ZDF behauptete er, man müsse verstehen, wie man schneller zum Frieden komme, als es jetzt den Anschein habe.
Solche Äußerungen blieben von Experten nicht unbemerkt. Insbesondere ein Sicherheitsberater des damaligen US-Präsidenten Barack Obama, Charles A. Kupchan, gab der Berliner Zeitung ein Interview, in dem er den Wandel in der Rhetorik des Bundeskanzlers kommentiert. Kupchan sagt:
"Ich denke, dass mehrere Entwicklungen diese Positionsverschiebung erklären […] Das Momentum auf dem Schlachtfeld hat sich trotz des erfolgreichen Einmarsches der Ukraine in Kursk zugunsten Russlands verschoben."
Der Experte stellt fest, dass die russische Armee in den vergangenen 20 Monaten langsam, aber sicher auf dem Schlachtfeld vorgerückt sei und versuche, die vollständige Kontrolle über den Donbass zu erlangen. Gleichzeitig seien die Ukrainer gezwungen, sich in die Defensive zu begeben. Kupchan behauptet:
"Die Ukrainer haben Schwierigkeiten mit der militärischen Mobilisierung. Das alles bringt die Ukraine in eine Lage, in der eine Verhandlungslösung zu einer realistischen Option wird."
Darüber hinaus nennt der Experte mehrere weitere Gründe, die es notwendig machen, Friedensgespräche als realistische Option für den Ausgang des Krieges in der Ukraine in Betracht zu ziehen. Unter ihnen:
- Meinungsumschwung in der ukrainischen Öffentlichkeit;
- schwindende Unterstützung des Westens;
- Fehlen einer klaren Strategie für den Sieg der Ukraine.
All dies deutet laut Kupchan auf die Möglichkeit von Verhandlungen zwischen dem Westen und Russland hin. Außerdem sei dies auch deshalb ein guter Zeitpunkt, weil Joe Biden definitiv nicht der neue US-Präsident sein wird und der neue Präsident (oder die neue Präsidentin) das Amt erst im Januar antreten wird. Der Experte fasst zusammen:
"Es gibt derzeit eine weit verbreitete Ansicht, dass ein ukrainischer Sieg illusorisch ist, aber es wird nicht so offen diskutiert, wie es meiner Meinung nach sein sollte. Wir brauchen aber einen Plan B. Denn je länger wir warten, desto höher wird das Risiko für die Ukraine. Putin könnte sich auch zum Ziel setzen, die Ukraine in einen failed state zu verwandeln, indem er die Infrastruktur weiter bombardieren lässt."
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