Investition in Rüstungsproduktion gilt jetzt als "nachhaltige Anlage"

Für Fondsgesellschaften waren sie ursprünglich vor allem ein Mittel, um an Anleger heranzukommen, die sonst nicht erreichbar waren. Ethische Anlageprodukte richteten sich selten an Großanleger. Nun wird aber die unethischste Anlage zugelassen, die denkbar ist – die in Rüstung.

Wenn man sich daran erinnert, wie die Debatte um ethische Anlagefonds einmal aufkam, weiß man, dass der ursprünglich zentrale Punkt die Nichtbeteiligung an Rüstungsunternehmen war. Später wurde die Palette der Kriterien zunehmend erweitert, und es war nicht mehr die Rede von ethischer, sondern von nachhaltiger Anlage. Jetzt aber wurde bekannt, dass genau dieses Kriterium aus den Vorgaben gestrichen werden soll.

Das geschieht kurz nach der Veröffentlichung einer Umfrage über nachhaltige Finanzprodukte, die ergab, dass das Interesse daran zuletzt deutlich gefallen war. 2022 erklärten bei einer Vorgängerumfrage noch 79 Prozent der Befragten, und 24 Prozent hatten selbst Geld in einem entsprechenden Fonds angelegt; inzwischen ist das Interesse auf 69 Prozent gefallen, und nur noch 21 Prozent der Befragten haben selbst solche Anlageprodukte erworben. Nur 28 Prozent der Befragten lehnen Abstriche bei der Rendite derartiger Anlagen ab, während 65 Prozent bereit sind, sie hinzunehmen.

Allerdings ist der Ausschluss der Rüstungsproduktion nach dieser Umfrage nicht mehr so wichtig, nur noch 22 Prozent legen Wert darauf. An erster Stelle der Anforderungen stehen Arbeitsbedingungen, dann keine Tierversuche, Schonung der Ressourcen und erneuerbare Energien. Die konkreten Fonds bieten jeweils unterschiedliche Schwerpunkte, aber die Regeln, was akzeptabel ist und was nicht, werden einheitlich von Verbänden der Finanzwirtschaft festgelegt.

Nun erklärte der Deutsche Fondsverband BVI, den Ausschluss der Rüstungsindustrie aufzugeben, sei "ein wichtiger Schritt hin zur EU-weiten Standardisierung der Mindestanforderungen an nachhaltige Fonds". Einzig Investitionen in völkerrechtlich verbotene Waffen sollen ausgeschlossen bleiben.

Die Aufsichtsbehörden müssen dieser Änderung noch zustimmen, eine Ablehnung ist aber unwahrscheinlich. Schließlich erwartet die EU-Kommission, dass die Mittel für die Erhöhung der Rüstungsproduktion auch aus dem Anlagemarkt kommen, und der Bericht der Rheinischen Post über die Veränderung deutet an, dass im Hintergrund womöglich entsprechend Druck gemacht wurde, die einstige Kernanforderung fallen zu lassen:

"Dabei sind der Brüsseler Behörde zufolge im EU-Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen einschlägige Vorschriften weder vorgesehen noch geplant, durch die private Investitionen in die Verteidigungsindustrie behindert werden."

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