Der Anfang August im Rahmen eines Gefangenenaustauschs nach Deutschland verbrachte russische Oppositionspolitiker Ilja Jaschin will kein politisches Asyl in Deutschland beantragen, berichtet das Nachrichtenportal Bloomberg. Er verfolge stattdessen das Ziel, nach Russland zurückzukehren.
Er sei gegen seinen Willen und im Verstoß gegen die russische Verfassung aus Russland deportiert worden, sagte Jaschin. Nun plant er, in Deutschland statt Asyl eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Sein Ziel sei, sich in Europa für eine Ausweitung der Sanktionen gegen Russland starkzumachen. Statt bisher 2000 müssten mindestens 20.000 Personen aus dem russischen Machtapparat sanktioniert werden. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes lehnte eine Stellungnahme ab.
Jaschin war im Dezember 2022 zu einer langjährigen Haftstrafe wegen Verleumdung der russischen Armee verurteilt worden. Unter anderem hat er die russische Armee für die Gräueltaten von Butscha verantwortlich gemacht.
In Russland gilt Butscha als Inszenierung. Gestützt wird diese These durch Ungereimtheiten in der Chronologie der geschilderten Ereignisse, den mangelnden Willen zur Aufklärung und der Verweigerung der Zusammenarbeit ukrainischer Behörden mit Russland. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Abzug russischer Truppen im Rahmen der damals laufenden Verhandlungen als Zeichen des guten Willens Russlands eingeleitet wurde. Er geschah freiwillig. Russland deutet Butscha daher als Hinterhalt, mit dem die bereits weit fortgeschrittenen Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland hintertrieben werden sollten.
Bereits Wochen vor dem Austausch hat Jaschin geäußert, er lehne einen Austausch ab. Unter Verweis auf die russische Verfassung, die eine Deportation russischer Bürger verbietet, reichte er Einspruch ein, dem aber kein Gehör geschenkt wurde. Jaschin wolle weiterhin die Stimme der Opposition in Russland sein, bekannte er.
Der Oppositionspolitiker wurde am 1. August mit zahlreichen anderen russischen Gefangenen gegen russische Staatsbürger ausgetauscht, die im Westen in politischer Haft saßen. Nach Russland zurückgekehrt, berichteten einige von ihnen von Folter ähnlichen Methoden. So verbrachte der in der Berliner Justizvollzugsanstalt Tegel inhaftierte Wadim Krassikow 23 Stunden am Tag in Einzelhaft. Der in den USA inhaftierte Roman Selesnjow wurde eigenen Angaben zufolge alle zwei Stunden geweckt. Ihm wurde zudem dringend notwendige medikamentöse Behandlung verweigert.
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