Nichtvollstreckte Haftbefehle – 59 verurteilte Mörder in Berlin auf freiem Fuß

Tausende verurteilte Verbrecher sind laut Zahlen des Senats in Berlin auf freiem Fuß, weil Haftbefehle nicht vollstreckt werden. Unter ihnen sind 59 Mörder und 66 Totschläger. Ein Linken-Abgeordneter nannte die Zahlen alarmierend und warf dem Senat vor, den Rechtsstaat nicht durchzusetzen.

In Berlin sind mehrere Tausend verurteilte Straftäter auf freiem Fuß, weil Haftbefehle nicht vollstreckt werden. Das geht aus der Antwort der Berliner Justizverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des Linken-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg hervor. 

Demnach sind derzeit insgesamt 8.581 Haftbefehle offen. Vor einem Jahr gab es 7.653 offene Haftbefehle. Das entspricht einem Anstieg von über zwölf Prozent. Von den 8.581 offenen Haftbefehlen entfallen 59 auf verurteilte Mörder, 66 auf wegen Totschlags verurteilte Personen.

Zusätzlich zu den verurteilten Straftätern fahndet die Berliner Polizei derzeit nach 1.767 Verdächtigen, die in Untersuchungshaft kommen sollen. Von diesen stehen 57 im Verdacht, einen oder mehrere Menschen getötet zu haben. Hier blieb die Zahl gegenüber dem Vorjahr annähernd stabil.

Schlüsselburg, der rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus ist, nannte die Zahlen gegenüber dem Springerblatt Bild "alarmierend":

"Es ist alarmierend, dass sich die Zahl der offenen Haftbefehle weiter erhöht hat. Ich frage mich, wie Justizsenatorin Badenberg und Innensenatorin Spranger nachts ruhig schlafen können, während aktuell 125 Mörder und Totschläger, 159 Räuber und 2.860 Diebe frei herumlaufen, obwohl sie verurteilt wurden."

Die Durchsetzung des Rechtsstaates leide unter dem Senat Wegner, so der Linken-Abgeordnete weiter. Dagegen verteidigte der CDU-Abgeordnete Sven Rissmann den Senat. Dem Boulevardblatt B.Z. sagte Rissmann:

"Verurteilte Straftäter können zum Beispiel wegen Krankheit nach Hause gehen, oder wenn die U-Haft zeitlich überzogen wurde. Dann gibt es eine schriftliche Ladung zum Haftantritt."

Zielfahnder würden vor allem für die Ergreifung hochgefährlicher Straftäter eingesetzt, nicht aber in jedem Fall.

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