Druck auf Baerbock wächst: Ermittler widersprechen Auswärtigem Amt in Visa-Affäre

Der Druck auf Baerbock wächst: Im Rahmen der Visa-Affäre wurde bekannt, dass von den Ermittlern entgegen der Erklärung des Ministeriums hunderte Fälle geprüft werden. Außerdem wird deutlich, wie das Auswärtige Amt die Sicherheitswarnung ignorierte.

In der Visa-Affäre steht die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) weiterhin unter Druck: Derzeit ermitteln die Bundespolizei sowie die Staatsanwaltschaften Berlin und Cottbus gegen Mitarbeiter des Auswärtigen Amts. Konkret geht es um den Verdacht, dass die Beschuldigten in der Berliner Zentrale deutsche Botschaften und Konsulate dienstlich angewiesen haben, Antragstellern mit unvollständigen oder offensichtlich gefälschten Papieren die Einreise in die Bundesrepublik zu genehmigen.

Das Auswärtige Amt betont stets, dass es sich lediglich um 19 Verfahren handele. Erst kürzlich hatte ein Sprecher des Ministeriums bei der Bundespressekonferenz noch einmal behauptet, dass die Ermittlungen nur eine kleine Anzahl von Einzelfällen betreffen würden.

"Man kann hier aber nicht von einem Visa-Skandal sprechen. Wir sind bei der Visavergabe an Recht und Gesetz und an Regeln gebunden, und die werden auch eingehalten."

Ein Ermittler der Bundespolizei widersprach laut Focus jedoch dieser Darstellung:

"Es gibt offiziell drei Ermittlungen gegen leitende Beamte des AA. Bei diesen Verfahren, die sehr komplex sind, überprüfen wir natürlich im Hintergrund hunderte Vorgänge nicht-berechtigter Einreisen. All das muss untersucht werden, wir graben uns dabei durch alle Strukturen des AA und der deutschen Auslandsvertretungen."

Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Magazin auf Nachfrage zudem mitteilte, wurden seit 2018 knapp 12.000 Flüchtlinge von einer Passpflicht ausgenommen. Die meisten Ausnahmen seien für Palästinenser und Personen aus Eritrea und Somalia erfolgt, aber auch für Syrer und Afghanen gab es Sonderregelungen.

Die Ausnahmen für Afghanen hängen unmittelbar mit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 zusammen. In einer überstürzten Evakuierungsmission sollte das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr in großen Hubschraubern der US-Armee Afghanen von geheimen Sammelpunkten abholen und zum Flughafen Kabul bringen. Insbesondere gefährdete Afghanen standen dabei im Fokus.

Laut einem ehemaligen KSK-Soldaten habe es "Abhollisten" mit den Namen homosexueller Männer und Frauen gegeben, die angesichts der Machtübernahme der Taliban "um ihr Leben fürchten mussten".

Bei dieser Aktion habe niemand die Ausweispapiere sehen wollen, da es "um die Flucht, das nackte Überleben ging", so der ehemalige KSK-Soldat. US-Diplomaten hatten die Taliban zuvor mit einer großen Geldmenge bestochen und vereinbart, dass die vom KSK gecharterten großen Transporthubschrauber "Chinook" nicht abgeschossen werden.

Obwohl ein erheblicher Teil der 34.000 Flüchtlinge aus dem Bundesaufnahmeprogramm keine beziehungsweise schlecht gefälschte Dokumente besaß, wurde Tausenden der Migranten aus Afghanistan – gegen den ausdrücklichen Willen der deutschen Botschaft im Nachbarland Pakistan – die Einreise in die Bundesrepublik gestattet. Demnach hatte Baerbocks Ministerium die Regelung durchgedrückt.

Der militärische Abschirmdienst (MAD) hatte außerdem bereits Jahre vor der Machtübernahme der Taliban 97 Ortskräfte als Sicherheitsrisiko eingestuft. Auch die Bundeswehr entließ die Männer aus dem Dienst für die Armee und setzte sie auf eine Gefährder-Liste. Sowohl der Bundesregierung als auch dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags liegt diese Liste vor. Trotz der massiven Bedenken deutscher Sicherheitsbehörden konnten die verdächtigen Afghanen jedoch nach Deutschland einreisen – und leben heute in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin.

Laut einem Artikel des Magazins Cicero soll das Auswärtige Amt zudem womöglich pakistanische Agenten im Rahmen des afghanischen Aufnahmeprogramms nach Deutschland geholt haben (RT DE berichtete). Baerbocks Ministerium änderte seine Praxis erst, als ein Schreiben der Botschaft in Islamabad publik wurde, in der vor einem systematischen Missbrauch des Aufnahmeprogramms durch Islamisten gewarnt wurde, und führte seither zumindest zusätzliche Sicherheitsinterviews durch.

Alexander Throm, innenpolitischer CDU-Fraktionssprecher im Bundestag, bemängelte ebenfalls die Transparenz des Ministeriums in der Visa-Affäre. So trafen etwa Nichtregierungsorganisationen die Auswahl für diejenigen afghanischen Migranten, die in das Bundesaufnahmeprogramm aufgenommen wurden. Auf die Nachfrage der Union, um welche NGOs es sich denn gehandelt habe, "erfolgte nur die Antwort, dass dies eine geheime Verschlusssache sei", so Throm. Daher schließt der CDU-Politiker nicht aus, dass die Union einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen werde.

Ein Ermittler der Bundespolizei machte gegenüber Focus außerdem klar, dass der Visa-Komplex gegen alle Widerstände "durchermittelt" werde:

"Nichts kann uns dabei stoppen, auch wenn wir jeden Tagen den Unwillen des AA spüren."

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