Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sieht im Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine ernstzunehmende Konkurrenz für die SPD und fordert seine Partei auf, sich damit auseinanderzusetzen. "Das BSW ist schon ein Stich ins Fleisch der SPD", sagte der SPD-Politiker dem Stern und forderte: "Darauf müssen wir reagieren."
Parteigründerin Sahra Wagenknecht sei gerade die Projektionsfläche für viele Menschen, die sich von der Politik nicht vertreten fühlten. Er betonte laut dpa-Angaben:
"Das ist durchaus ein eindeutiger Wink mit dem Zaunpfahl an die SPD."
Der Ministerpräsident hat aber Zweifel, ob die neue Partei nachhaltig Erfolg hat. "Sahra Wagenknecht irrlichtert herum", sagte er. Er habe noch keinen programmatischen Kern von ihr identifizieren können. "Und sie grenzt sich nicht wirklich ab gegen fremdenfeindliche Strömungen", fügte Weil hinzu. Doch für viele Menschen ist vor allem die offensichtlich desaströse Flüchtlingspolitik der Ampel eines der drängendsten Probleme im Land ‒ ein Fakt, den die SPD beharrlich ignoriert, der sich dafür umso vehementer in den letzten Wahlergebnissen auf allen Ebenen widerspiegelt.
Auf die Frage, ob er Koalitionen von SPD und BSW für denkbar halte, antwortete der Sozialdemokrat, dass er in Niedersachsen gar nicht wüsste, mit wem er darüber reden sollte. Das BSW sei dort kaum in Erscheinung getreten. Tatsächlich hat die neue Partei im nordwestdeutschen Bundesland mit Umfragewerten von lediglich zwei bis drei Prozent bundesweit den niedrigsten Zuspruch.
Auf Bundesebene sieht Weil jedoch "riesige Diskrepanzen, etwa in der Außenpolitik" und besonders in der Frage der Unterstützung der Ukraine. Dass die Wähler des BSW Waffenlieferungen und Milliardenzahlungen an Steuergeldern für Kiew eben genau nicht wollen, kommt dem ehemaligen Corona-Maßnahmen-Hardliner offenbar nicht in den Sinn.
Dazu passt auch die fehlende Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz, dem Weil demonstrativ den Rücken stärkt:
"Olaf Scholz ist die Nummer eins in der SPD. Ich glaube, dass ich mir darin auch mit einer sehr großen Mehrheit der SPD-Mitglieder einig bin."
Der Bundeskanzler hatte bei der Europawahl 2024 mit 13,9 Prozent eines der schlechtesten Wahlergebnisse in der Geschichte der SPD maßgeblich mitzuverantworten. Doch laut Weil müsse man vielmehr die Streitigkeiten innerhalb der Ampel rasch beilegen. Parallel müsse die SPD die Leute wieder konkret abholen. Die Genossen bräuchten daher eine stärkere Konzentration auf Themen, die die Menschen für sich selbst als wichtig ansehen. "Die SPD ist immer dann stark, wenn die Leute den Eindruck haben, die befassen sich mit unseren Problemen und nicht mit irgendwelchen anderen Dingen. Und natürlich werden von der SPD auch konkrete Fortschritte erwartet, zum Beispiel beim Mindestlohn", sagte der Ministerpräsident.
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