Der Ursprung der jüngsten deutschen Justizposse liegt im September 2020. Nach einer Gruppenvergewaltigung eines 15-jährigen Mädchens im Hamburger Stadtpark wurden neun junge Männer verurteilt, davon jedoch nur ein Täter zu Gefängnis im Rahmen einer Jugendstrafe. Eine heute 20-jährige Frau konnte durch Social-Media-Postings an die Privatnummer eines der Täter gelangen und kontaktierte diesen. Im Prozess vor dem Hamburger Amtsgericht warf die Anklage der jungen Frau nun vor, "Hasspostings" beleidigender und bedrohender Art getätigt zu haben. Selbst vorbestraft und durch Abwesenheit bei der Verhandlung wenig glänzend, muss sie im Gegensatz zu dem Großteil von Vergewaltigern zur Strafe 48 Stunden im Jugendarrest verbringen.
Vier der angeklagten Vergewaltiger wurden im November 2023 zu Jugendstrafen zwischen einem und zwei Jahren mit Vorbewährung verurteilt, das bedeutet vorerst ohne Gefängnisaufenthalt. Gegen vier weitere Angeklagte sprach das Gericht Jugendstrafen zwischen 15 Monaten und zwei Jahren aus, die jeweils zur Bewährung ausgesetzt wurden. Ein Angeklagter wurde freigesprochen. Ein Täter erhielt eine Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten.
Das Hamburger Abendblatt titelte nun zu Folgeereignissen am 18. Juni (Bezahlschranke): "Stadtpark-Vergewaltigung: Frau nach Hetze im Netz verurteilt".
Im Artikel wird über den bizarren Verlauf einer weiteren fraglichen Justizeinschätzung in Deutschland aufgeklärt, bei dem es diesmal "um Hasspostings im Netz gegen damalige Verdächtige" gehe, da in den sozialen Medien "unter anderem Bedrohungen ausgesprochen sowie zur Selbstjustiz aufgerufen wurden". An diesen Ereignissen war demnach auch eine heute 20-jährige Frau beteiligt, deren schriftliche Äußerungen im November 2021, nach den Urteilsverkündigungen, sie jetzt vor Gericht brachten. Weiter heißt es zu den Anschuldigungen:
"Im Prozess vor dem Amtsgericht wirft die Anklage der jungen Frau vor, einen Mann in einem sogenannten Shitstorm als 'ehrloses Vergewaltigerschwein' und 'ekelhafte Missgeburt' beschimpft zu haben. Zudem drohte die Frau dem Mann darüber hinaus, er könne nirgendwo mehr hingehen, 'ohne auf die Fresse zu kriegen'."
Weitere "Hasskommentare" gegenüber dem Vergewaltiger lauteten, wie von den ermittelnden Behörden dokumentiert, dass die Frau dem Mann gedroht habe, "er könne nirgendwo mehr hingehen, 'ohne auf die Fresse zu kriegen'", heißt es im HA-Artikel. Vor Ermittlern habe sie angegeben, "aus einem Reflex heraus gehandelt zu haben, als sie von der Vergewaltigung der 15-Jährigen im Stadtpark erfuhr". Mehr als beeindruckend ist dabei folgender Verweis im Artikel:
"Neben dem Verfahren gegen Maja R. gab es gegen rund 140 weitere Personen Ermittlungen, nachdem im Internet unter anderem Todesdrohungen, Folterfantasien und rassistische Äußerungen gegen die Verdächtigen im Stadtparkverfahren geäußert worden waren. Etwa 100 dieser Verfahren wegen sogenannter Hasspostings richteten sich gegen Menschen, die nicht in Hamburg leben. Weitere Ermittlungsverfahren gab es gegen bislang unbekannte Verdächtige."
Justiziable Äußerungen bezogen sich dabei wohl auch im Jahr 2021 auf "Verfahrensbeteiligte im Prozess, vor allem gegen die Vorsitzende der Jugendkammer, die das Urteil gefällt hatte, aber auch gegen Verteidiger und weitere Juristen". Der Richterverein hatte sich zu diesem Zeitpunkt laut HA-Artikel "bestürzt über die unerträgliche Hetze gegen eine Kollegin" gezeigt, da diese "die in diesem schwierigen Fall die ihr nach dem Grundgesetz zugewiesene Aufgabe erfüllt" habe. Die Kommentare in den sozialen Medien stellten daher "einen gezielten Angriff auf den Rechtsstaat" dar.
Im Falle R. lautete die Einschätzung der Staatsanwaltschaft und des zuständigen Richters in diesem Fall ausgehend von ihrer Abwesenheit bei zwei Gerichtsprozessen und einem weiteren Verhandlungstermin wegen eines Diebstahls, den sie 2020 verübt hatte:
"Es sei eine 'Unart', im Internet seinen Unmut loszuwerden. Der Ankläger meint, es sei 'schwierig', die 20-Jährige zu erreichen. So sieht es auch der Richter, der als Urteil für die 20-Jährige nach dem Jugendrecht einen Freizeitarrest ausspricht. Das bedeutet, dass Maja R. ein Wochenende, also von Freitagabend bis Sonntagabend, in einer Jugendstrafanstalt verbringen muss. Die üblicherweise 48 Stunden, die ein Verurteilter dort verbüßt, werden so terminiert, dass er am Montag wieder zur Schule oder zur Arbeit gehen könnte."
Die verurteilte "Wochenendinhaftierte" gab dabei zuvor zu Protokoll, dass sie wieder die Schule besuche, um ihren Abschluss nachzuholen, und im Anschluss Kinderkrankenschwester werden möchte.
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