Im Jahr 2014 wurde vereinbart, dass die NATO-Mitgliedsstaaten jährlich zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Rüstung ausgeben sollen. In diesem Jahr erreichte Deutschland zum ersten Mal dieses Ziel. Das Land gibt demnach in diesem Jahr 90,6 Milliarden Euro für Rüstung aus. Das entspricht 2,12 Prozent des BIP.
Die Tagesschau kritisiert unter Berufung auf Recherchen des ARD-Hauptstadtstudios, die an die NATO gemeldete Zahl sei künstlich hochgerechnet. Der Bericht moniert, es seien Ausgaben ohne militärische Relevanz mit aufgenommen worden. So seien auch Ausgaben für Renten und Entwicklungshilfe in den nach Brüssel gemeldeten Gesamtbetrag eingeflossen.
Nicht infrage steht dagegen, dass auch die deutschen Ausgaben für Rüstung und Militär gestiegen sind. Das kommt zu einer Zeit, in der Finanzminister Lindner (FDP) und auch die CDU-Opposition strenge Haushaltsdisziplin und die Einhaltung der Schuldenbremse anmahnen. Konkret hat das zur Folge, dass die Mehrausgaben für Rüstung an anderer Stelle eingespart werden müssen, wenn die Neuverschuldung nicht steigen soll.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es sich beim Zwei-Prozent-Ziel nicht um zwei Prozent des Bundeshaushaltes, sondern um zwei Prozent des in Deutschland erwirtschafteten BIP handelt. Der Bund plant für das Jahr 2024 Ausgaben von insgesamt 476,8 Milliarden Euro. 90,6 Milliarden Euro davon sollen in die Rüstung fließen. Das entspricht einem Anteil von knapp 20 Prozent an den Gesamtausgaben des Bundes. Dieses Geld steht somit für andere Aufgaben wie die Förderung des Wohnungsbaus, die Sanierung der maroden deutschen Infrastruktur, die Digitalisierung oder Investitionen in den Bildungssektor nicht mehr zur Verfügung.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg lobte die allgemeine Bereitschaft der NATO-Staaten, mehr Geld für Waffen und Militär auszugeben.
Allerdings führt die Steigerung der Ausgaben nicht automatisch zu einem Anstieg der verfügbaren Waffen- und Waffensysteme, wie die Verbündeten der Ukraine in den vergangenen Monaten feststellen mussten. Mit der Ankündigung, für die Ukraine weltweit Artilleriemunition einkaufen zu wollen, stiegen die Preise unmittelbar an, ohne dass sich an der Angebotsmenge grundsätzlich etwas geändert hätte. Es wurde nur teurer. Im Westen ist die Rüstungsindustrie privatwirtschaftlich organisiert und arbeitet gewinnorientiert. Eine Ankündigung von Großeinkäufen führt sofort zu Preissteigerungen. In Russland ist die Situation anders. Dort sind weite Teile der Rüstungsindustrie unter staatlicher Kontrolle. Sie lässt sich faktisch auf Knopfdruck hoch- und wieder herunterfahren.
Die höchsten Rüstungsausgaben verzeichnen nach wie vor die USA mit 968 Milliarden Dollar. Das Land gibt damit mehr Geld für Waffen und Militär aus als alle anderen NATO-Partner zusammen.
Russland gab im Jahr 2023 nach Schätzungen des Internationalen Instituts für strategische Studien, IISS, 109 Milliarden Dollar aus. Auch China kommt lediglich auf einen Wehretat in Höhe von 220 Milliarden Dollar.
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