Krieg billiger als Verhandlungen? Lindner will die Ostdeutschen über Ukraine-Konflikt belehren

Finanzminister Lindner glaubt, er müsse die Ostdeutschen über die wahren Motive Russlands im Ukraine-Konflikt aufklären. Anlass ist das gute Abschneiden von AfD und BSW bei der Europawahl. Allerdings hat man in Ostdeutschland den Konflikt besser verstanden als im Finanzministerium.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) möchte die Ostdeutschen belehren. Er glaubt, dass man auf dem Gebiet der ehemaligen DDR die Notwendigkeit, die Ukraine mit Waffen und Geld zu unterstützen, nicht richtig verstanden hat. Er will es den Ostdeutschen daher genauer erklären, sagte Lindner der Rheinischen Post

Auslöser für die Besserwessi-Allüren des Finanzministers ist das gute Abschneiden der AfD und des BSW auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bei der Wahl zum EU-Parlament. Die hohen Zustimmungswerte unter den Menschen in Ostdeutschland werden unter anderem auf die andere Haltung der beiden Parteien zum Ukraine-Konflikt zurückgeführt. Sowohl die AfD als auch das BSW lehnen die auf immer weitergehende Eskalation setzende Politik der Bundesregierung ab.

Die Bundesregierung setzt ausschließlich auf Waffenlieferungen und finanzielle Unterstützung. Diplomatische Initiativen zur Beilegung des Konflikts kommen weder von der Ampel noch von der CDU. Stattdessen unterstützt die Bundesregierung den Friedensplan von Selenskij, der faktisch eine bedingungslose Kapitulation Russlands für die Aufnahme von Friedensvorhandlungen vorsieht. Der Plan gilt als nicht realistisch. Dennoch hat die Bundesregierung eine über zehn Jahre laufende Vereinbarung zur Unterstützung der Ukraine abgeschlossen. Politiker der Ampel aber auch der CDU haben öffentlich eine Vernichtungsabsicht gegenüber Russland bekundet.

Lindner möchte die Ostdeutschen nun darüber belehren, dass der Kampf gegen Russland auch in ihrem Interesse sei, da sonst die EU und die NATO zerbrechen könnten. Zudem sei dann eine große Zahl weiterer Flüchtlinge aufzunehmen. Die Unterstützung sei daher die günstigste Variante, glaubt Lindner.

Tatsächlich geht der Ukraine-Konflikt darauf zurück, dass die NATO die Ukraine zum Beitritt eingeladen hat. Russland sieht dadurch seine Sicherheitsinteressen bedroht. Angesichts dessen bindet Russland mögliche Verhandlungslösungen an den Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt und an die Rückkehr der Ukraine zur Neutralität. 

Lindner behauptet, für den Fall, dass Russland militärisch gewinnt, drohe eine neue Flüchtlingswelle. Er suggeriert damit, Russland habe die vollständige Einnahme der Ukraine zum Ziel. Russlands Präsident Putin hat erst neulich wieder Verhandlungen angeboten, die vom Westen und auch von Bundeskanzler Scholz unmittelbar abgelehnt wurden. Im gleichen Atemzug bot Putin an, eine neue Sicherheitsarchitektur auf der Grundlage des Prinzips kollektiver Sicherheit für Eurasien zu schaffen. Damit ist auch klar, dass eine vollständige Einnahme der Ukraine, an die sich ein Durchmarsch Russlands auf Länder der EU anschließt, im Gegensatz zu den Behauptungen von Mitgliedern der Bundesregierung nicht Ziel Russlands ist. 

Eine wesentlich günstigere Lösung, als weiter Waffen zu liefern und Geld zu schicken, wäre daher die Beendigung des Konflikts und die Aufnahme von Verhandlungen. Das Angebot dazu liegt auf dem Tisch. Das allerdings scheint man in Ostdeutschland wesentlich besser verstanden zu haben als im Finanzministerium. Der Finanzminister kann von Ostdeutschland noch ganz viel lernen. Allen voran, wie sich durch Frieden Geld sparen und Flüchtlingsströme vermeiden lassen. 

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