Nach bisherigen polizeilichen Ermittlungen, die ungeprüft und umgehend seitens eines Großteiles der Medien sowie namhaften Politikern zitiert wurden, waren am 14. Juni in der mecklenburgischen Kleinstadt Grevesmühlen zwei acht und zehn Jahre alte ghanaische Mädchen "von rund 20 Jugendlichen heraus attackiert und angegriffen" worden, so die Berliner taz.
Die Polizei ermittelte im Anschluss wegen "Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und Beleidigung". Eine "Ergänzungsmeldung" zu einer ersten Pressemitteilung der Polizei, wurde dahingehend korrigiert, dass das achtjährige Mädchen demnach keinerlei körperliche Verletzungen erlitten hatte.
Innenministerin Faeser, wie auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sprachen am Wochenende via X-Posting von "dumpfem Hass und unfassbarer Unmenschlichkeit" (Faeser) und einem "brutalen Angriff" sowie der Feststellung, dass "Hass & Hetze unsere Gesellschaft vergiften und Gewalt unsere Kinder bedroht" (Schwesig).
Das Ereignis wurde auch aus dem Auswärtigen Amt kommentiert. Grünen-Politikerin Baerbock ließ mitteilen:
"Wie hasserfüllt muss man sein, selbst Kinder anzugreifen? Rassismus ist menschenverachtend & will unsere Gesellschaft spalten. Dagegen aufzustehen, ist Aufgabe für uns alle, jeden Tag aufs Neue – egal ob in der Schule, dem Job oder beim Sport."
Die ARD-'Tagesschau' titelte: "Zwei Mädchen bei rassistischer Attacke verletzt". Die Bild-Zeitung wusste umgehend zu berichten:
"Feige Attacke – Tritte ins Gesicht: 20 Jugendliche verprügeln afrikanische Mädchen. Kind schwer verletzt im Krankenhaus."
Die nun aktuelle Mitteilung seitens der Polizei umschreibt das Ereignis wesentlich weniger dramatisch. So heißt es:
"Nach derzeitigem Ermittlungsstand hat das achtjährige Mädchen keine körperlichen Verletzungen erlitten, die auf die in der Erstmeldung geschilderte Tathandlung hindeuten. Der Sachverhalt stellt sich derzeit so dar, dass die Achtjährige mit ihrem Roller an einem Jugendlichen vorbeifahren wollte. Dieser versperrte dem Mädchen offenbar mit seinem ausgestreckten Bein den Weg und traf sie mit seiner Fußspitze."
Im Anschluss hätten die Eltern der Mädchen die Jugendlichen "zur Rede stellen wollen, woraufhin es zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen kam". Während der Auseinandersetzung wären "auch fremdenfeindliche Beleidigungen geäußert" worden. Ein Nordkurier-Artikel ergänzt zu dem bundesweit wahrgenommenen Vorfall:
"Eine Videoaufnahme, die mutmaßlich den Vorfall zeigt, liegt auch unserer Redaktion vor. Darauf sind tumultartige Szenen zwischen den Jugendlichen, den beiden Mädchen und den Eltern zu sehen, es wird gebrüllt und kurzzeitig auch handgreiflich, offenbar zwischen dem Vater und einem Jugendlichen."
In der ersten Polizeimitteilung vom 15. Juni hieß es noch:
"Dem jüngeren Mädchen soll unter anderem in ihr Gesicht getreten worden sein. Als die Eltern der Kinder hinzukamen, soll es auch mit diesen zu einer Auseinandersetzung gekommen sein. Aus der Personengruppe heraus hätten insgesamt bis zu acht Personen agiert und auch der Vater sei leicht verletzt worden."
Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt reagierte am 17. Juni gewohnt wertend, ohne genauere Erkenntnisse zum Tathergang. Eckardt forderte im Berliner Tagesspiegel einen umgehenden "Aufstand der Anständigen":
Das ganze Ereignis kann nach Betrachtung von Videoaufnahmen auch als verbale Auseinandersetzung einer größeren Gruppe mit kleinem Gerangel bewertet werden.
Der Bürgermeister von Grevesmühlen unterstützt unabhängig von den jüngsten Korrekturen durch die Polizei eine Aktion des "Bündnis für Grevesmühlen". Dieses plant am Donnerstag "eine Menschenkette im Ploggenseering". Der Bürgermeister betonte im RND-Interview, dass "die Stadt dieses Vorhaben natürlich unterstützt". Es gehe den Verantwortlichen darum, dass "wir uns die Hände reichen und zusammenstehen, so wollen wir zeigen, dass wir aufeinander aufpassen".
Die Aktion richte sich an alle Vereine und Einwohner von Grevesmühlen.
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