Landgericht verurteilt Videoblogger Tim Kellner wegen Beleidigung von Politikerinnen

Es war schon die zweite Instanz in diesem Verfahren, und der Biker und Videoblogger Tim Kellner wurde wie ein höchst gefährlicher Mann behandelt, glaubt man seinem Bericht von der Verhandlung in Detmold. Dabei ging es wieder einmal nur um beleidigte Politikerinnen.

Das Landgericht Detmold hat heute in einer Berufungsverhandlung das Urteil gegen den Videoblogger Tim Kellner bestätigt. Im Oktober war er vom dortigen Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 11.000 Euro verurteilt worden, weil er drei Politikerinnen beleidigt habe.

Kellner, ehemaliger Soldat und Polizist, ist Chef eines Motorradclubs. Mit seiner Wohnsitzgemeinde liegt er im Clinch, weil sie ihm verwehrt hat, eine Scheune als Treffpunkt für seinen Club zu nutzen. Außerdem dreht er Videos, in denen er in oft sehr scharfer Sprache die Politik wie die Politiker der Ampelregierung attackiert.

Vor dem Gericht demonstrierten sowohl Unterstützer als auch Gegner Kellners. Der Prozess in Detmold fand nach seinen Aussagen unter extremen Bedingungen statt; das gesamte Gerichtsgebäude war abgesperrt, Zutritt war nur durch Sicherheitsschleusen möglich, nur die Prozessbeteiligten durften elektronische Geräte mitführen. Der ganze Aufwand wegen einiger Aussagen in Videos, die aber seit der Gesetzesänderung im April 2021 kaum mehr von der Meinungsfreiheit geschützt sind, da die Beleidigung von Politikern inzwischen ein Offizialdelikt ist. Allerdings hieß eines der "Opfer" Kellners Annalena Baerbock, und die Außenministerin ist wie Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann dafür bekannt, die Möglichkeit von Anzeigen exzessiv zu nutzen.

Baerbock hatte Kellner "nigerianische Scheißhausexpertin" genannt; Innenministerin Nancy Faeser eine "Aufgedunsene Dampfnudel" und die Grünen-Abgeordnete Emilia Fester als "kleine verlogene Göre". Beim ersten Prozess war er in Rosa gekleidet aufgetreten. Eine Andeutung, dass die Äußerungen Kellners durchaus einen satirischen Charakter haben und damit womöglich nicht nur die Meinungs-, sondern sogar die Kunstfreiheit beanspruchen dürften.

Die Schweizer Weltwoche kritisierte dementsprechend schon das Urteil im Oktober unter Verweis auf Formulierungen des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann, der beispielsweise Alice Schwarzer ungestraft einen "Scheißhaufen" nannte. Seine Kollegin Sarah Bosetti hatte bisher auch keine Konsequenzen zu tragen, weil sie Ungeimpfte mit Blinddärmen verglich, die man aus dem Gesellschaftskörper entfernen sollte.

Kellner hat bereits angekündigt, gegen das Urteil in Revision zu gehen. Er erwartet, dass höhere Instanzen weniger direktem politischen Einfluss ausgesetzt sind.

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