Vor AfD-Parteitag: Stadt Essen verlangt "Selbstverpflichtung der Vermeidung von strafbaren Aussagen"

Die AfD will Ende Juni ihren Bundesparteitag in der Stadt Essen abhalten. Die Stadt versucht seit Jahresbeginn, die Veranstaltung zu verhindern. Bei dem mittlerweile juristischen Streit geht es um eine Strafandrohung von 500.000 Euro. Verschiedenste Gruppierungen mobilisieren parallel zur Großdemonstration gegen die AfD.

Die AfD will vom 28. - 30. Juni 2024 ihren Bundesparteitag in der Essener Grugahalle abhalten. Die notwendigen Verträge wurden bereits zu Jahresbeginn mit der Messeleitung geschlossen. Die Stadtverantwortlichen suchen nun seit Monaten nach Möglichkeiten, die Veranstaltung noch zu verhindern. Thomas Kufen, der Essener CDU-Oberbürgermeister, fürchtet demnach eine Überforderung der Polizei durch "bis zu 80.000" geschätzte Gegendemonstranten. 

Der juristische Trick der Stadt besteht darin, die Parteiorganisatoren verpflichtend eine Erklärung unterschreiben zu lassen, die "rechtsextreme bzw. rechtsradikale Äußerungen rund um den Parteitag" verbietet. Der AfD-Bundesvorstand wies am Dienstag die Forderung der Stadt Essen nachdrücklich zurück.

Rund drei Wochen vor Beginn des AfD-Parteitags im nordrhein-westfälischen Essen kommt es weiterhin zu keiner Einigung zwischen den offiziellen Mietern der Messehalle und den verantwortlichen Politikern der Stadt. Der WDR schrieb dazu:

"Der AfD-Bundesvorstand wies am Dienstag die Forderung der Stadt Essen zurück, eine Selbstverpflichtung als Bestandteil des geschlossenen Mietvertrages für die angemietete Grugahalle abzugeben. In der Selbstverpflichtung sollte die AfD verbindlich zusichern, dafür zu sorgen, dass keine strafbaren Aussagen – wie etwa rechte Parolen – auf dem Parteitag geäußert werden. Bei Verstößen drohten 500.000 Euro Strafgeld."  

Radio Essen informierte, dass die eingeforderte Selbstverpflichtung beinhaltet, dass "die Verbreitung von faschistischen Parolen strafbare Handlungen im Sinne des Paragrafen 86 und 86a des Strafgesetzbuches sind". Die AfD sollte diese Selbstverpflichtung bis zum 4. Juni unterschreiben, dies wurde jedoch seitens der Partei verweigert.

Nun erwarten die Stadtverordneten, dass die Messe Essen den Mietvertrag fristlos kündigen wird. Der Parteitag "könnte danach nicht mehr in der Grugahalle stattfinden", argumentiert die Stadt. Sollte die Partei dagegen klagen, entscheiden die Gerichte, ob der Parteitag in der Messe stattfinden darf oder nicht.

Die AfD drohe laut dem WDR nun mit juristischen Schritten. Ein rechtsgültiger Vertrag könne "in einem Rechtsstaat nicht nachträglich einseitig modifiziert werden", teilte AfD-Bundesvorstandsmitglied Roman Reusch mit. Da mit Kündigung gedroht werde, "wenn wir uns diesem nötigenden Verhalten nicht beugen", sei bei der Staatsanwaltschaft Essen bereits Strafanzeige unter anderem gegen Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen erstattet worden.

Parallel mobilisieren seit Wochen unterschiedlichste Gruppierungen zu einer Großdemonstration gegen die AfD nach Essen. Die Polizei geht demnach von bis zu 80.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus. So unter anderem bereits seit Januar verantwortlich das Essener Bündnis "Essen stellt sich quer":

Die NGO "Attac" mobilisiert unter dem Motto: "Gesicht zeigen gegen Hass und Hetze!". So heißt es in dem Aufruf zu den Gründen einer Teilnahme:

"Rassismus, Antisemitismus, Islam- und Queer-Feindlichkeit sowie andere Arten der Diskriminierung sind international auf dem Vormarsch. In Deutschland verschiebt die AfD die Grenzen des Sagbaren und politisch Machbaren immer weiter nach rechts. Sie verbreitet in den Parlamenten ihre Hetze und ermutigt rechte Straßenbewegungen und Gewalttäter:innen."

Die sogenannte "Interventionistische Linke" informiert aktuell:

Der Verdi-Gewerkschaftsverband Nordrhein-Westfalen erklärt in seinem Demo-Aufruf nach Essen:

"Wir rufen die ver.di-Mitglieder in NRW auf, sich dem AfD-Parteitag entgegenzustellen. Wir fordern dazu auf, der AfD nicht den Raum zu geben, den sie Tag für Tag gegen unsere Interessen für sich einfordert und verbreitert. #niewiederistjetzt."

Weiter heißt es wörtlich in der Mitteilung:

"Wir haben nicht vergessen, dass 1933 – nur drei Monate nach der Machtübernahme der NSDAP – die Gewerkschaften in Deutschland verboten, ihre Häuser angezündet, unsere Kolleginnen und Kollegen in Lagern gefangen und ermordet wurden. 'Nie wieder ist jetzt' ist für uns mehr als ein Slogan."

Ferat Koçak, Neuköllner Linken-Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, übte bereits agitierend mit Sympathisanten zur Melodie von L’Amour toujours den "Protest gegen den AfD-Bundesparteitag in Essen":

Auf Anfrage der Regionalzeitung Der Westen kommentierte die Stadt Essen die am Dienstag um Mitternacht ausgelaufene Frist mit der Ankündigung:

"Sollte der Vertragszusatz unter Einhaltung der Frist durch die AfD nicht akzeptiert werden – also durch Unterzeichnung – wird eine Kündigung des Mietvertrags erfolgen."

Roman Reusch, Mitglied des AfD-Bundesvorstands, nannte das Vorgehen der Stadt "rechtswidrig". AfD-Bundessprecher Peter Boehringer drohte demnach an, "unverzüglich gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch zu nehmen", sollten die Stadt- und Messeverantwortlichen nicht rechtskonform reagieren.

Die Berliner Zeitung titelt in der Causa: "AfD-Parteitag: Vorstand will nicht versprechen, keine SA-Parolen zu benutzen".

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