Robert Koch-Institut stellt 2.515 Seiten der COVID-19-Krisenstabsprotokolle online zur Verfügung

Das dem BMG untergeordnete Robert Koch-Institut reagiert mit einer offensiven Strategie auf die Veröffentlichung der zuvor privat eingeklagten "RKI-Files". Neben der Veröffentlichung Tausender – größtenteils bekannter – Protokollseiten sollen die verbleibenden Protokolle bis Juli 2023 "nach Prüfung" zeitnah folgen.

Das dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) untergeordnete Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin erkennt rund acht Wochen nach Veröffentlichung der medial titulierten "RKI-Files" durch das Online-Magazin Multipolar ein "öffentliches Interesse am Inhalt der COVID-19-Krisenstabsprotokolle". Aufgrund der daraus resultierenden medialen Berichterstattung stellt das RKI nun "diese weitestgehend ohne Schwärzungen zur Verfügung". Laut der Mitteilung vom 30. Mai stellt das Institut zudem die nun verbleibenden Protokolle bis zum Ende der regelmäßigen Sitzungen im Juli 2023 "nach entsprechender Prüfung und Drittbeteiligung so schnell wie möglich durch das RKI" interessierten Bürgern ebenfalls online zur Verfügung.

Ein Downloadlink zu den insgesamt 2.515 Seiten, die durch die Multipolar-Redaktion seit dem 20. März bereits größtenteils entschwärzt veröffentlicht und bekannt sind, hängt der RKI-Mitteilung am Ende an. Die Presseabteilung erläutert einleitend zu dem nun offensiven Gang an die Öffentlichkeit hinsichtlich der Bedeutung der Protokolle:

"Während der COVID-19-Pandemie wurden im Zuge des RKI-internen Lage- bzw. Krisenmanagements Besprechungen durchgeführt, in denen die Lage bewertet und RKI-Aktivitäten koordiniert wurden. Zu diesen Treffen wurden Protokolle angefertigt. Als interne Arbeitsdokumente haben sie dazu gedient, den Informationsfluss und die Abstimmung innerhalb des RKI sicherzustellen."

Diese Sitzungszeugnisse, nicht zu verwechseln mit den jüngst ebenfalls seitens einer Privatperson freigeklagten Protokollen des "Corona-Expertenrats", wurden sehr frühzeitig von Maßnahmenkritikern als wesentliche, erkenntnisreiche Mosaikteile einer weiterhin seitens der Politik für nur bedingt notwendig befundenen "Corona-Aufarbeitung" erkannt. Der aktuell auf Listenplatz 6 des Bündnisses Sahra Wagenknecht bei der Europawahl kandidierende Dr. Friedrich Pürner, langjähriger Leiter eines bayerischen Gesundheitsamtes, der aufgrund seiner lauten Positionierung in der "Corona-Frühphase" "strafversetzt" wurde, erklärte nach erster Veröffentlichung der Dokumente durch Multipolar:

"Die freigeklagten RKI-Files zeigen eindrucksvoll, wie richtig die sogenannten 'Covidioten, Querdenker und Schwurbler' lagen. Fast könnte man meinen, dass das RKI die Hochburg aller Kritiker war. Die RKI-Files belegen, dass man es mit fachlichem Wissen besser wissen konnte."

Die Multipolar-Redaktion klagt aktuell vor dem Verwaltungsgericht Berlin auf eine komplette Entschwärzung der Papiere. Zudem läuft eine weitere Klage gegen das RKI, im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) alle fehlenden Protokolle freizugeben. Die Ankündigung des RKI, diese nun "nach entsprechender Prüfung und Drittbeteiligung" eigenständig zu veröffentlichen, wird sich daher auf den Verlauf der juristischen Verhandlungen auswirken.

Die seit dem Jahr 2006 existierende Organisation "Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung" kommentierte im März nach Studium der "RKI-Files":

"Die freigeklagten RKI-Protokolle legen nahe, dass die wissenschaftliche Grundlage für viele Pandemie-Maßnahmen fehlte. Agierte das RKI ganz am Anfang der Krise eher unaufgeregt, erfolgte Mitte März 2020 ein grundsätzlicher Kurswechsel – mutmaßlich auf Veranlassung von außen und ohne jede weitere fachliche Begründung. Weitere Aufklärung, auch zum Wissen über die Corona-Impfstoffe, ist dringend geboten."

Die jüngste RKI-Offensive kann als Teilstrategie wahrgenommen werden, da Gesundheitsminister Karl Lauterbach am 28. März via Deutschlandfunk nachweislich ankündigte, er habe veranlasst, "dass die Protokolle weitestgehend entschwärzt werden". Wörtlich sagte er dem Sender weiter: "Es darf nicht der Eindruck entstehen, etwas bleibe verborgen."

Eine aktuelle X-Information zur RKI-Mitteilung durch Lauterbach lag bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels nicht vor. Zu den Inhalten der RKI-Protokolle verteidigt das Institut sich dabei gegenüber der Politik:

"Die Protokolle spiegeln den offenen wissenschaftlichen Diskurs wider, in dem verschiedene Perspektiven angesprochen und abgewogen werden. Die Bewertungen reflektieren den Stand des Wissens und auch der öffentlichen Debatte im Krisenstab zum jeweiligen Zeitpunkt. Einzelne Äußerungen im Rahmen solcher Diskussionen stellen nicht zwangsläufig eine abgestimmte Position des RKI dar und sind ohne Kenntnis der Zusammenhänge nicht immer verständlich."

Es wird die Empfehlung ausgesprochen, dass "die Protokolle immer in ihrem Kontext gesehen und interpretiert werden" sollten. Des Weiteren erfolgt die Information, dass in der nun veröffentlichten RKI-Fassung "nur noch personen­bezogene Daten nach § 5 IFG sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter nach § 6 IFG geschwärzt" sind.

Das Verwaltungsgericht Berlin hat vorerst den Termin zur mündlichen Verhandlung der Multipolar-Klage auf Montag, den 8. Juli festgesetzt.

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