Von Felicitas Rabe
Der Musiker Yann Song King machte sich in der Zeit der Corona-Pandemie einen Namen als Protestsänger. Seither engagiert er sich mit seinen Liedern in der regierungskritischen Bewegung. RT DE befragte ihn nach seinen Erfahrungen in der neuen außerparlamentarischen Opposition (neue APO) und über seine Sicht der Rechts-Links-Debatte.
Seit vier Jahren unterstützen Sie die regierungskritische Bewegung bei Demonstrationen und Veranstaltungen. Dabei haben Sie bundesweit Eindrücke über die neue APO gewinnen können. Was ist Ihnen besonders aufgefallen?
Es haben sich flächendeckend unabhängige oppositionelle Gruppen und Netzwerke gebildet, die meisten davon in der Corona-Zeit. Man trifft sich montäglich auf der Straße, organisiert Treffen, Feiern, Vorträge oder Fahrgemeinschaften zu größeren Veranstaltungen. In der Regel sind es Menschen Ü40, haben Familie, Beruf und Geld. Sie wurden von den Ausgrenzungserfahrungen in der Pandemie und der um sich greifenden Cancel Culture zusammen geschweißt. Sie sind immun gegen Mainstream-Propaganda, aber keineswegs uninformiert.
Wenn man das Produkt aus Demos und Teilnehmern bildet, dann ist das eine Aktivität, die die staatlich unterstützten Demonstrationen der letzten Zeit deutlich übersteigt. Das Ganze mag im Osten quantitativ größer sein, qualitativ sehe ich keine Unterschiede zwischen Ost und West. Hier und da gibt es auch mal Selbstdarsteller und Spinner. Die meisten Leute aber sind normal vernünftig, friedlich und bodenständig.
Hierfür das Klischee vom tumben, radikalen Pöbel zu verbreiten, dient dem Establishment hauptsächlich zur eigenen Beruhigung.
Ich weiß nicht, wie der polit-mediale Komplex das Vertrauen dieser Leute jemals wieder gewinnen will und wie er den stetigen Abfluss aus den von ihm kontrollierten Gewässern stoppen will.
Seit 2020 wurden Aktivisten, die das offizielle Corona-Narrativ anzweifelten, von Politik, Medien und Akteuren aus der Zivilgesellschaft politisch zugeordnet – zumeist wurden sie als rechts, wenn nicht sogar als Nazis diffamiert. Was ist Ihr Eindruck von der politischen Ausrichtung der Bewegung? Waren Sie selbst auch von "rechtem Framing" betroffen?
Man fing im Frühjahr 2020 erst mal damit an, eine Giftbrühe zu erdenken, in der neue Assoziations-Zutaten dem Begriff "rechts" beigemengt wurden: Verschwörungstheorie war nicht mehr Spinnerei, sondern Antisemitismus. Esoterik und Naturheilkunde wurden aus der grünen in die rechte Ecke geschoben. Schwurbelei oder Querdenken steht nun für gemeingefährliche Wissenschaftsfeindlichkeit oder "Staatsdelegitimierung".
Der Vorwurf war nicht, dass die Demonstranten alles Neonazis seien. Der Vorwurf war, dass man sich nicht von "Rechts" abgrenze. Ein ziemlich plumper Vorwand, denn es ging nicht darum, mit wem man demonstriert, sondern dass man demonstriert. Das verrät allein der Umstand, dass es keine Demonstration gab, die von einer "demokratischen" Organisation angemeldet worden wäre, obwohl Corona-Kritiker aus allen Wählergruppen kamen, überproportional sogar von den Grünen.
Jedem Corona-Bewegten wird Kontaktschuld zu Rechten vorgeworfen, so auch mir. Ich kann aber nichts dafür, wenn sich der gesunde Menschenverstand in vielen Sachfragen mit der Sicht der rechten Fundamental-Opposition überschneidet, weil die Altparteien beinahe jeden Karren zielsicher in die Sackgasse steuern – von Migration über Energie zu Corona und Ukraine. Ansonsten sage ich mir: Leute, die meine Lieder mögen, können so böse und menschenverachtend nicht sein. Es gehören auffallend viele ältere Damen und Kinder dazu, Altlinke genauso wie Neurechte.
Wie bewerten Sie die aktuelle Rechts-Links-Diskussion in Deutschland?
Die Schieflage der Diskussion wird verursacht, weil Links und Mitte die Einzigartigkeit der NS-Verbrechen als politische Waffe gegen Rechts missbrauchen. Das ist unlauterer Wettbewerb, das ist eine Verharmlosung des Nationalsozialismus, und außerdem streiten Historiker darüber, ob die Nazis rechts oder links waren. Links und Mitte halten sich per se für immun gegen Extremismus. Sie unterscheiden kaum zwischen "Rechts" und "Nazi".
Sie konstruieren Infektionsketten, die den Virus des absolut Bösen aus den Naziverbrechen bis zu ihrem politischen Gegner übertragen.
Und von dort zu dem, der mit dem politischen Gegner auch nur zu sprechen wagt, oder zu dem, der Nähe zu einer seiner Positionen zeigt, oder zu jenem, der auch nur die Hexenjagd auf Rechte kritisiert. Bei wem der Nazi-Virus nachgewiesen wurde, der wird für vogelfrei erklärt. Denn er trägt ja den Keim der schlimmsten Verbrechen der Menschheit in sich.
Die Linken aber wollen keineswegs mit den zweitschlimmsten Verbrechen der Menschheit in Verbindung gebracht werden, zum Beispiel mit dem Stalinismus. Sie behaupten einfach, dass das ja noch nicht der richtige Sozialismus war, oder noch frecher, dass das alles ebenfalls "rechte Regime" waren. Eine Diskussion mit derart vergifteten und verfälschten Begriffen ist sinnlos.
Außerdem bin ich für die Einführung des Begriffes Mitte-Extremismus, zum Beispiel wenn jemand einen Krieg gegen Viren fordert oder gegen Russland.
Wie denken Sie in dem Zusammenhang über die sogenannten Anti-Rechts-Demonstrationen, zu denen seit der Correctiv-Recherche zu einer privaten Diskussionsveranstaltung mit CDU- und AfD-Mitgliedern in Potsdam aufgerufen wird?
Das waren Strohfeuer, die ein paar Prozentpunkte der AfD in den Umfragen verbrannt haben, den Blick auf die Bauernproteste blendeten – aber andererseits wieder ein paar Leuten mehr die Augen über den Zustand der deutschen Demokratie öffneten. In den östlichen Kleinstädten waren nach wenigen Wochen wieder mehr Montagsspaziergänger auf der Straße als empörte Gutmenschen. Letztere hängen am Tropf der Medien, sie brauchen immer neuere und größere Skandale zur eigenen Erbauung. Ihr Gemüt leidet unter der leisen Ahnung, doch nicht die Sieger der Geschichte zu werden.
Ob die nachfolgenden Richtigstellungen überhaupt bei denen angekommen sind, wage ich zu bezweifeln. Erhebungen zeigten, dass da nur die ampeltreuen Wähler unterwegs waren. Deutschlandfahnen waren nicht zu sehen, die Nationalhymne zu singen, wurde abgelehnt. Angesichts eines solchen Theaters fragt sich das Ausland und sogar der hiesige Migrant, was mit Deutschland los ist. Aber wir werden noch mehr und bizarrere Kampagnen erleben. Am Ende aber wird die Landung in der Realität nur noch härter für alle, die glauben, dass man Probleme durch Niedermachen und Ausschalten derer löst, die auf sie aufmerksam machen.
Vielfach wird unter den Aktivisten der neuen APO eine Einordnung in linke und rechte Positionen abgelehnt. Haben Sie dazu einen Standpunkt?
Infolge der genannten Vergiftung haben viele Betroffene ein nachvollziehbares Interesse daran, die Begriffe wegzubekommen. Aber noch bedeutsamer ist die Wandlung der politischen Inhalte von Links, Mitte und Rechts. Linke Parteien wie Linke, Grüne und SPD befinden sich seit dem Zusammenbruch des Sozialismus im ideologischen Rückzugsgefecht.
Wirtschaftliche Positionen verschoben sie in die Mitte. Der Systemfrage weichen sie aus. Fokussiert werden vermeintlich moderne Themen wie sexuelle oder kulturelle Identität. Lebensnaher Umwelt- und Naturschutz wird durch abstrakten Klimaschutz ersetzt. Die soziale Sprengkraft der ungezügelten Einwanderung wird negiert.
Die klassischen Mitte-Rechts-Parteien wie FDP und CDU hingegen haben sich mit der wirtschaftlich "vernünftig" gewordenen Linken angefreundet, insbesondere mit den Grünen. Es schien ihnen erfolgversprechend, mit deren als progressiv, frisch und modern geltenden Themen die eigene Attraktivität zu erhöhen. Sie haben nun halt auch einen Wagen auf dem CSD und lassen die Farben Schwarz-Rot-Gold auf den Wahlplakaten lieber weg. Da zu dieser gegenseitigen Annäherung auch noch die Brandmauer-Politik zur AfD hinzukommt, gibt es statt Links-Mitte-Rechts nur noch zwei Lager: AfD und Anti-AfD-Blockpartei. Das begreift der Wähler. Er ist nicht rechts oder rechtsextrem geworden, wenn er erkennt, dass der blaue Knopf der einzige ist, der beim Establishment eine Reaktion auslöst.
Man könnte jede einzelne Position zu Sachfragen als klassisch links, mitte oder rechts einordnen. Doch da wird man feststellen, dass Linke plötzlich rechte Positionen vertreten, zum Beispiel, wenn sie Gates oder Soros gegen Verschwörungstheoretiker verteidigen oder einen militärischen Sieg über Russland fordern. Bekennende Rechte hingegen schwenken Friedenstaubenfahnen und greifen die Nöte der kleinen Leute auf, was Linke immer als demokratiefeindlichen Populismus abtun. Und wer sich einfach nur für die Einhaltung der Gesetze einsetzt, zum Beispiel das Grundgesetz, oder für die Unabhängigkeit der Gerichte, der kann sich als Mitte fühlen, wie er will – ihm wird über drei Ecken die Zugehörigkeit zum rechten Lager bescheinigt. Schon allein durch diese Umetikettierung gibt es immer mehr "Rechte" und immer mehr "rechtes Gedankengut".
Welche politische Frage liegt Ihnen in dieser Zeit besonders am Herzen?
Ich denke, dass wir uns viel zu wenig Gedanken um unsere Kinder und Jugendlichen machen. Wir haben ein Nachwuchsproblem. Es hat einen schleichenden Verlauf, und bei Nichtbehandlung wird das langfristig unumkehrbar böse enden. Es gibt einen Generationenvertrag, und jeder Alte kann, egal, wie viel Geld er anspart, nur jene Leistung empfangen, die ein junger Mensch erbringt. Die Idee, sich die jungen Leute von anderswo zu "besorgen", hatten die alten Römer auch, was deren Niedergang aber nur beschleunigt hat.
Es ist nicht so, dass die Leute keine Kinder wollen, und es ist auch nicht so, dass es durch LGBTQ-Propaganda zu viele Homo- oder Transsexuelle gibt. Es gibt zu wenige Familien mit mehr als zwei Kindern. Das hat viele Gründe, aber alle haben damit zu tun, dass in einer individualistischen Gesellschaft der Wert der jungen Generation falsch eingeschätzt wird und Kindern und Familien der notwendige Raum genommen wird. Wenn sich das nicht ändert, wird die westliche Kultur zugrunde gehen und damit viele gute Dinge, die über Generationen erdacht und erkämpft wurden. Das Glück der meisten Menschen liegt meiner Meinung nach in der Einbindung in eine lebendige, unmittelbare Gemeinschaft, die sich um das Gestern, das Heute und das Morgen kümmert. Die Zukunft gehört denen, die das beachten.
Auf der Webseite yannsongking.de erfährt man mehr über die Musik und Konzerte des "schwurbelnden Liederkönigs und beliebten Heimatdichters aus Dresden" Yann Song King. Der Künstler betreibt auch einen Telegram-Kanal.
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