Nach dem gewalttätigen Angriff auf den SPD-EU-Abgeordneten Matthias Ecke am Freitagabend in Dresden fand am Sonntag vor dem Brandenburger Tor in Berlin eine Kundgebung statt, mit der gegen diese Gewalttat protestiert werden sollte. Aufgerufen hatte ein vom dem eingetragenen Verein Campact betriebenes Netzwerk "Zusammen gegen Rechts", das Motto lautete "Haltung zeigen gegen Hass und Gewalt. Unsere Demokratie lässt sich nicht einschüchtern".
Der Zulauf zu der Veranstaltung hielt sich in Grenzen. Die Polizei sprach von "in der Spitze" bis zu 2.000 Teilnehmern, Medien berichteten von etwa 1.000 Demonstranten. Die Fotos der Veranstaltung legen nahe, dass es eventuell auch nur einige Hundert gewesen sein könnten. Zuvor war der Aufruf hunderttausendfach in den sozialen Netzwerken geteilt worden.
Unter den Teilnehmern befanden sich allerdings zahlreiche prominente Politiker, unter ihnen der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil, die Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour von Bündnis 90/Die Grünen sowie die CDU-Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Sachsen, Hendrik Wüst bzw. Michael Kretschmann. Lang postete auf dem Netzwerk X ein gemeinsames Foto der Spitzenpolitiker und schrieb dazu:
"Getrennt in den Farben. Vereint im Schutz der Demokratie."
Ein anzügliches Plakat im Hintergrund ("Fascho sein macht unfickbar") wurde für den Post überdeckt. Anwesend war auch Luisa Neubauer, jene "Klimaaktivistin" Luisa Neubauer aus der Reemtsma-Dynastie, die sicherheitshalber mit FFP2-Maske auftrat.
Obwohl auch nach dem Geständnis eines 17-Jährigen als Mittäter die Hintergründe oder gar eine bestimmte politische Gesinnung der Gewalttat in Dresden noch gänzlich unklar sind, machten die Redner auf der Kundgebung in Berlin die AfD für alles verantwortlich. Dabei wurde völlig ausgeblendet, dass auch und gerade auch Vertreter dieser Partei öfter Opfer Ziel gewalttätiger Angriffe in der Öffentlichkeit sind. Der SPD-Vorsitzende Klingbeil erklärte in Berlin wörtlich:
"Die Höckes und die Gaulands und die Weidels, die haben vielleicht nicht die Faust erhoben und die haben nicht direkt zugeschlagen. Aber ich sage euch, die haben das gesellschaftliche Klima in diesem Land mitproduziert, das andere Menschen dazu bringt, auf Ehrenamtliche, auf Aktivisten, auf Politikerinnen und Politiker einzuschlagen."
Neubauer erklärte, mit dem Angriff auf Ecke seien "alle Demokratinnen und Demokraten" gemeint:
"Wenn Menschen angegriffen werden, die sich für die Demokratie einsetzen, wenn Menschen im Internet zerrissen werden, die sich für die Gerechtigkeit aussprechen, wenn Menschen sich nicht mehr trauen, frei einzustehen für Gewaltfreiheit, für Demokratie, für eine bessere Gesellschaft, dann sind wir alle mit gemeint."
Wüst von der CDU ging in seiner Wortmeldung vor dem Brandenburger Tor noch weiter und nannte die AfD ausdrücklich eine "Nazi-Partei":
"Wer denkt wie ein Nazi, wer redet wie ein Nazi, den müssen wir als Nazi bezeichnen. Die AfD ist eine Nazi-Partei!"
Wüst ließ sich gemeinsam mit Kretschmer mit einem Schild ablichten, auf dem er auch dazu aufrief, die AfD zu stoppen. Das Verb "säen" schrieb er dabei allerdings mit h (Schreibung hier wie im Original):
"Wer Hass säht, erntet Gewalt!"
Der 41-jährige Matthias Ecke, ein Spitzenkandidat der SPD in Sachsen für die EU-Wahl am 9. Juni, war am Freitagabend beim Plakatieren von mehreren Jugendlichen attackiert worden. Er habe dabei einen Bruch des Jochbeins und der Augenhöhle sowie Hämatome im Gesicht erlitten, erklärte Sachsens SPD-Chef Henning Homann am Sonntag.
In der Nacht zum Sonntag stellte sich ein 17-Jähriger in Begleitung seiner Mutter der Polizei und gestand die Tat. Auch bei den anderen drei Tatverdächtigen soll es sich um junge Männer im Alter zwischen 17 und 18 Jahren handeln. Der geständige 17-Jährige lässt sich laut einer Verlautbarung des Landeskriminalamts Sachsen keinem politischen Spektrum zuordnen.
Auch ein gewalttätiger Angriff auf die Grünen-Politiker Kai Gehring und Rolf Fliß am Donnerstabend in Essen hatte zunächst für Aufsehen gesorgt, bis sich herausstellte, dass die mutmaßlichen Täter als Arabischstämmige beschrieben wurden. Dagegen erregte der körperliche Angriff auf den niedersächsischen AfD-Landtagsabgeordneten Holger Kühnlenz am Sonnabend in Nordhorn durch zwei Vermummte nur geringe mediale Aufmerksamkeit.
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