"Russland, China, Spionage: Vertritt die AfD deutsche Interessen?" – unter dieser Fragestellung wurde am Donnerstag im ZDF bei Maybrit Illner diskutiert. Zu Gast war auch AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla, der vom CDU-Politiker Armin Laschet und der stellvertretenden Spiegel-Chefredakteurin Melanie Amann regelrecht in die Mangel genommen wurde.
Im Vordergrund der Debatte standen die Spionagevorwürfe für China gegen einen engen Mitarbeiter von Maximilian Krah, dem AfD-Spitzenkandidaten für das Europaparlament.
Amann sagte, dass es "in der deutschen Geschichte keinen Vorgang" gegeben habe, "wo der Kandidat für eine Wahl mit so harten Indizien konfrontiert war". Ihre wie auch Laschets Forderung: Die AfD müsse Krah sofort von der Wahlliste streichen.
Chrupalla machte darauf aufmerksam, dass in einem Rechtsstaat die Unschuldsvermutung gelte. Und solange keine Beweise für Krahs Schuld vorgelegt würden, sei all das "hätte, wäre, könnte" kein Grund, Krah politisch aus dem Verkehr zu ziehen. Daraufhin kündigte Chrupalla an:
"Wir werden klare Konsequenzen ziehen, wenn sich diese Dinge gegen den Herrn Krah und Herrn Bystron bestätigen."
Petr Bystron, der auf Platz 2 der Liste der Europawahlkandidaten steht, wird vorgeworfen, insgeheim Gelder aus Russland angenommen zu haben.
Nachdem Laschet sein Urteil über Krah gefällt hatte – ein "Ausmaß an Landesverrat", das es in der Bundesrepublik "noch nicht gegeben" habe –, kam Chrupalla auf die "unrühmliche Rolle" der CDU-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen beim Impfskandal zu sprechen. Die EU-Kommissionspräsidentin habe "Milliarden Steuergelder veruntreut", Handys seien "verschwunden".
"Das ist einfach falsch", unterbrach daraufhin Amann den AfD-Chef, um dann auszuführen: "Das sind falsche Vorwürfe. Für das nächste TikTok-Video erzählen Sie hier irgendwelchen Unsinn, verleumderischen Unsinn über andere Politiker, um abzulenken von Vorwürfen gegenüber Ihren eigenen."
Chrupallas Behauptung, dass in Brüssel gegen von der Leyen ermittelt wird, konterte die Spiegel-Redakteurin im Brustton der Überzeugung: "Keine Behörde ermittelt dort!" Chrupallas Einwand, dass dem natürlich so sei, bedachte Amman mit einem mehrfachen "Nein".
Dabei sollte sich die Tatsache, dass die europäische Staatsanwaltschaft EPPO die Ermittlungen gegen von der Leyen wegen Korruptionsverdacht übernommen hat, auch bis zu einer stellvertretenden Spiegel-Chefredakteurin herumgesprochen haben.
Bemerkenswert ist auch, dass weder Illner noch die anderen Mitdiskutanten – zu denen auch BDI-Präsident Siegfried Russwurm und Juli Zeh, Richterin am Brandenburger Verfassungsgericht, zählten – Ammans Falschaussage korrigierten.
Befanden sie sich allesamt im Tal der Ahnungslosen? Das wäre ein ebenso wenig schmeichelhafter Befund wie die Alternative, dass sie der Journalistin die Fake News durchgehen ließ, weil diese sich ja gegen Chrupalla richteten.
Ebenso bemerkenswert ist, dass in den zahlreichen Medienberichten Amanns Lüge über von der Leyen keine Erwähnung findet, auch nicht beim Spiegel. Eine Ausnahme bildet die Berliner Zeitung, die darauf hinwies, dass Amann, "die Chrupalla besonders scharf angriff und sich an diesem Abend ausgesprochen kampfeslustig zeigte", schlichtweg die Unwahrheit sagte.
Doch durchgekommen ist die Journalistin mit dieser Lüge letztlich nicht, denn selbst der nachträgliche Faktencheck der Illner-Sendung kam nicht umhin, die Tatsache der staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen die Kommissionspräsidentin anzuerkennen. Kleinlaut ruderte Amann daraufhin zurück und schrieb in einem X-Post:
"Tatsächlich war das ein bedauerlicher Fehler von mir: Es gibt staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Ursula von der Leyen wegen der Praxis der Impfstoff-Beschaffung."
Amann, die es bei Bedarf mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, ist übrigens Autorin des Buches "Angst für Deutschland. Die Wahrheit über die AfD".
Mehr zum Thema – Überall Spione, aber nirgends ein nationales Interesse